Theater in der Scheune in Schönwalde-Glien: Casanova lebt!
Zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk bringt das “Theater in der Scheune” jedes Jahr einen neuen Schwank auf die Bühne. Die humorvollen Stücke haben inzwischen eine so große Fangemeinde, dass die einzelnen Aufführungen fast immer vom Start weg ausgebucht sind. Am 15. Juni feierte das Ensemble erneut eine Premiere. Das neue Stück heißt “Casanovas Comeback” und sorgt einmal mehr für prustende Lacher.
Frust liegt in der Luft. Im neuen Stück “Casanovas Comeback” von Andreas Wening hat die arme Beate Boring (Bea Rintel-Sellenthin) nicht wirklich etwas zu lachen. Sie möchte gern verreisen und andere Länder sehen, lustige Parties besuchen und einmal wieder so richtig ordentlich Spaß in der Kiste haben.
Doch da hat sie die Rechnung ohne ihren öden Mann Ralf Boring (Reinhold Ehl) gemacht. Der hat sein Privatleben ganz seinem langweiligen Beruf als Versicherungsvertreter angepasst. Anstatt sich um die Bedürfnisse seiner Frau zu kümmern, beobachtet er lieber stundenlang seine geliebten Guppys – und schlurft in Jogginghosen und Grumpy-T-Shirt durch die gemeinsame Wohnung.
Für Abhilfe könnte Adrian von Kleist (Wolfgang Sellenthin) sorgen. Er bietet hypnotische Rückführungen in ein früheres Leben an – und nimmt sich ausgerechnet den langweiligen Ralf Boring vor, dessen Nachname Programm ist. Doch oh Wunder: Die Rückführung funktioniert – und aus Ralf Boring wird auf einmal Giacomo Casanova. Der Schwerenöter und Frauenheld erwähnt in seinen Tagebüchern nicht umsonst 116 Liebschaften. Auf einmal liegt im tristen Heim der Borings viel Liebe in der Luft.
Keine Frage: Das “Theater in der Scheune” (www.theater-in-der-scheune.de), das zum Verein kreativ e.V. (Dorfstraße 7, 14621 Schönwalde-Glien OT Dorf) gehört, unterhält die Bevölkerung aus der Nachbarschaft seit dem Jahr 2005 mit immer neuen humorvollen Schenkelklopfern, die bestens dafür geeignet sind, den Alltag für einen Abend zu vergessen. Die letzten Stücke hießen “Die Leiche ist nicht totzukriegen”, “Miss Sophies Erbe” und “Es fährt kein Zug nach Irgendwo”.
Eine echte Besonderheit des Theaters ist freilich die einzigartig urige Aufführungsstätte. Mitten in einer hölzernen Scheune wurde eine leicht erhöhte Bühne installiert. Diese Kulisse sorgt für eine ganz besondere Atmosphäre. Der Nachteil ist allerdings, dass vor Ort nicht so viele Zuschauer einen Platz finden wie vielleicht im Schönwalder Schwanenkrug.
Das Herzensbrecher-Stück “Casanovas Comeback”, das vor Wortwitz und knackigen Schoten nur so strotzt, setzt einmal mehr auf frivole Sprüche. Wenn Beates tattriger Vater Elmar Fröhliche (Thomas Wagenknecht) aus dem Klo kommt und seinen Hosenstall nicht ordentlich geschlossen hat, heißt es prompt anzüglich: “Wenn der Vogel tot ist, braucht man den Käfig auch nicht mehr abzusperren.” Und auch sonst kommen die Sprüche gut: “Vor der Ehe war ich ledig, danach erledigt.”
Reinhold Ehl brilliert einmal mehr als Volksschauspieler mit lauter Stimme und gummiartiger Gesichtsakrobatik. Wie er sich vom drögen Coach Potato in einen erotisierten Casanova mit glitzernden Augen verwandelt, das hat schon etwas. Und auf einmal sind alle Damen der Nachbarschaft plötzlich Daueraspiranten auf neue Versicherungen, die der geschäftstüchtige Casanova anbietet – etwa gegen Kugelblitze und Meteoriteneinschlag. Und gegen Ausrutschen am Pool, obwohl die Nachbarin doch gar keinen Pool besitzt.
Beates jüngerer Bruder Udo (Ralf Herbrich) hat jedenfalls alle Hände voll damit zu tun, im Haushalt der Schwester irgendwie für Ordnung zu sorgen, während Ralf Borings Chef Richard Steuerwald (genial: Renate Weilmann) versucht, weiteren Profit aus der neuen Verkaufsexpertise seines vorher so langweiligen Versicherungsverkäufers zu ziehen.
Das Publikum belohnte die Anzüglichkeiten und Wendungen auf der Premierenbühne mit viel Gekicher und lauten Prustern: Das neue Stück kam sehr gut an.
Während andere Amateurtheater große Probleme damit haben, neue Schauspieler für die Bühne zu gewinnen, wird die Gruppe beim “Theater in der Scheune” immer größer. Inzwischen stehen 14 Ensemble-Mitglieder auf der Darstellerliste. Das macht es natürlich nicht eben leichter, in der Zukunft noch humorvolle Stücke zu finden, die so viele Rollen anbieten.
Zu “Casanovas Comeback” (Regie: Karla und Reinhold Ehl) darf jedenfalls verraten werden, dass sich die durch Casanova hervorgerufenen Wirrungen und Verwirrungen nur durch weitere Rückführungen in den Griff bekommen lassen. So darf es nicht verwundern, dass im dritten Akt auch noch Kleopatra und Marilyn Monroe auf die Bühne drängen.
Das Stück in drei Akten wird noch bis Ende September aufgeführt. Bis auf den 29. September sind allerdings alle Aufführungen bereits ausgebucht. Mit etwas Glück werden aber noch Zusatztermine angeboten. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 220 (7/2024).
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