Erntegespräch mit dem Kreisbauernverband Havelland: Die Ernteprognose für das laufende Jahr fällt gut aus!
Ein Landwirt kann noch so gut wirtschaften, planen, düngen, säen und ernten: Am Ende bestimmt immer das Wetter, wie gut die Ernte und damit der Verdienst ausfallen wird. Da ist es sehr erfreulich, dass die Landwirte vor allem aus dem östlichen Havelland eine gute Ernteprognose für das laufende Jahr abgeben. Obwohl die Wetterkapriolen immer extremer werden, sieht es auf den Feldern zurzeit sehr gut aus. So viel Glück hatten die Obstbauern nicht.
Auf den Feldern trocknet der Raps, sprießen Gerste und Weizen, entwickelt der Mais seine ersten Blätter und bekommen die Rüben stetig mehr Volumen.
Wer im Havelland an den bestellten Feldern vorbeifährt, kann als Laie gar nicht beurteilen, ob die zu erwartende Ernte gut oder schlecht ausfallen wird. Aus diesem Grund hat es bereits Tradition, dass der Kreisbauernverband im Havelland zu einem Erntegespräch einlädt, um eine erste fachkundige Prognose abzugeben. In diesem Jahr fand dieses Gespräch am 6. Juni mitten auf den Feldern der Agro-Farm Nauen statt. Stefanie Peters und ihr Vater Dirk Peters, der auch Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Havelland ist, waren bei dem Gespräch ebenso dabei wie Jan-Derk Koning aus Hertefeld. Um die Moderation des Gesprächs kümmerte sich wie in den letzten Jahren der Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes und Landtagsabgeordnete Johannes Funke.
Dirk Peters, dessen Agro-Farm Nauen (www.agro-farm-nauen.de) 2.500 Hektar bewirtschaftet und sich als Marktfruchtbetrieb vorstellt, berichtete von einem guten Start ins Jahr 2024: “Die Aussaat von Raps, Weizen und Gerste noch im vergangenen Jahr hat gut funktioniert. Wir hatten eine optimale Winterfeuchtigkeit, bei Frost lag in der Regel auch immer schützender Schnee. Im Frühjahr haben wir uns über viele Niederschläge gefreut. Die Nachwirkungen davon haben wir erst bei der Frühlingsarbeit zu spüren bekommen. Wir sind bei stehendem Wasser nicht auf die Felder gekommen und konnten deswegen mit der Frühjahrsdüngung nur sehr verspätet beginnen.”
Das Wasser auf den Flächen machte auch Jan-Derk Koning aus Hertefeld (www.koninghertefeld.com) zu schaffen, der mit seinem modernen Agrarbetrieb auf 1.700 Hektar Fläche nicht nur Getreide anbaut, sondern auch Gras-Silage für seine 600 Milchkühe anbaut: “Wir hatten eine gute Ernte beim ersten Grasschnitt. Der ist in der Regel immer der beste im ganzen Jahr und sehr wichtig zum Füttern unserer Kühe. Da wir in diesem Jahr aber nicht düngen konnten, ist die Qualität minderwertig. Es ist viel zu wenig Eiweiß in der Gras-Silage. Wir hatten in den entscheidenden Monaten bis zu 100 Liter Regen statt der üblichen 40 Liter. Wir mussten in dieser Zeit die Felder nicht wie üblich einmal anfahren, sondern mitunter drei- oder vier Mal. Wir sind dabei zum Weltmeister im Freischleppen von im Schlamm festgefahrenen Fahrzeugen geworden.”
Auch Dirk Peters war in diesem Punkt enttäuscht: “Unsere Ganzpflanzensilage (GPS) bringt sonst 30 Tonnen pro Hektar. In diesem Jahr konnten wir nur 15,4 Tonnen einfahren. Schuld ist die verspätete Düngung. Und manche Senken sind auch ganz einfach abgesoffen.”
Beim Getreide zeigen die Daumen aber nach oben. Dirk Peters: “Die Bestände sehen gut aus. Die Ährenausbildung erfreut uns sehr. Auch der Schotenkörper und die Körner beim Raps sehen sehr gut aus. Hier müssen wir die Ernte einfach nur noch gut nach Hause bringen.”
Das gilt jedenfalls fürs östliche Havelland. Im westlichen Havelland sehen die Dinge auf dem Acker nicht ganz so gut aus. Hier hat die Trockenheit zwischen April und Mai viele Flächen vertrocknen lassen.
Ist die Ernte erst einmal eingefahren, hat der Landwirt das Geld für sein Korn aber noch lange nicht auf dem Konto. Jan-Derk Koning: “Die Ankaufspreise vom Agrarhandel zeigen in diesem Jahr ein Auf und Ab wie noch nie zuvor. Das hängt vielleicht noch immer mit dem Krieg in der Ukraine zusammen. Wir haben deswegen die Preise immer im Auge behalten und 50 Prozent unseres Getreides bereits Mitte Mai und damit weit vor der Ernte zu einem guten Preis verkauft, der über dem vom letzten Jahr liegt.”
Auch die Agro-Farm hat bereits 80 Prozent der Getreideernte verkauft. Warum aber nicht alles? Dirk Peters: “Was ich vorab verkaufe, muss ich später auch zwingend liefern. Deswegen geht man immer auf Nummer sicher. Es darf jetzt keinen Hagel und keinen Starkregen mehr geben.”
Vier Prozent ihrer Agrarflächen müssen die Landwirte inzwischen einer EU-Vorgabe entsprechend stilllegen, dafür gibt es 173 Euro pro Hektar “Stillegungsprämie”. Das reicht bei weitem nicht aus, um die Verluste der Landwirte zu deckeln. Diese Flächen müssen auch zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt vom “Aufwuchs befreit” werden. Dabei werden die Flächen im besten Fall gemäht, das Mähgut kann dann abgefahren und etwa als Tierfutter verwendet werden. Dirk Peters: “Der Zeitpunkt der Flächenpflege ist extrem ungünstig gewählt. Wir bekommen es zunehmend mit dem sehr giftigen und invasiven Frühlingskreuzkraut zu tun, das sich auf den Flächen ausbreitet und es uns unmöglich macht, das Mähgut noch zu verwenden. So können wir das Kraut nur mulchen und auf der Fläche lassen.”
Mais und Rüben wurden im April ausgesäht. Jan-Derk Koning: “Am 20. April haben wir mit dem Mais begonnen. Fertig waren wir aber erst am 10. Mai – zehn Tage später als üblich. In unseren Luchbereichen gibt es noch immer feuchte Flächen, durch die ich nicht durchkomme.”
Dirk Peters: “Nach der Aussaat von Mais und Zuckerrüben gab es aber keine problematischen Wetterlagen, sodass wir guter Hoffnung sind. Im Sommer wird sich zeigen, wie die Pflanzen durchkommen.”
Auch beim Korn heißt es nun: Erst wenn es gedroschen ist, kann man sich sicher sein, die Ernte auch eingebracht zu haben. Dirk Peters: “Das Korn wächst schneller als das sonst üblich ist. Ich denke, Ende Juni können bereits die ersten Drescher aufs Feld. Wir rechnen mit einer besseren Ernte als im letzten Jahr.”
Trotz allem bleiben die Landwirte vorsichtig. Vor allem die überbordende Bürokratie lässt sie verzweifeln. Johannes Funke: “Der beste Parameter für die Stimmung der Landwirte ist ihr Investitionsverhalten. Und zurzeit investieren die Bauern weder in neue Ställe noch in neue Technik.”
Die verfrühten Eisheiligen Ende April haben vor allem in Ostdeutschland die Blüten an den Obstbäumen absterben lassen: Obst aus der Region wird es im laufenden Jahr kaum geben. Hat der Frost zur Unzeit auch die Landwirte getroffen? Dirk Peters: “Der Frost war bei uns kein Thema. Ich habe aber von Landwirten gehört, da hat es die Raps- und Kartoffelblüte erwischt.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 220 (7/2024).
Seitenabrufe seit 6.06.2024:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige