Klassische Musik in der Großfunkstelle Nauen: Das JugendSinfonie-Orchester Havelland stellte sich vor!
Das war lange Jahre nur ein frommer Wunsch: Die “Musik- und Kunstschule Havelland” hätte so gern ein eigenes Sinfonie-Orchester für die Jugend, das zu besonderen Ereignissen aufspielt. Das große Problem war bislang die Entfernung: Wie bringt man Jugendliche aus dem ganzen Landkreis zum Proben zusammen? Mit einer Kraftanstrengung wurden alle Hindernisse aus dem Weg geräumt: Im Landkreis wurde das “JugendSinfonieOrchester Havelland” aus der Taufe gehoben. Das spielte sein Debut gleich an drei Orten, darunter an 25. Mai in der Großfunkstelle Nauen.
Am 25. Mai fuhren zahlreiche Autos auf das sonst hermetisch abgeriegelte Gelände der Großfunkstelle Nauen. Von der ältesten noch bestehenden Sendeanlage der Welt aus werden noch immer christliche Radioprogramme um den halben Globus gesendet.
Auf dem Gelände steht ein Gebäude mit einer riesigen gefliesten Halle, die nicht nur als eine Art Museum in eigener Sache dient, sondern auch gern von Hollywood-Produktionen als Kulisse eingesetzt hier. Die Netflix-Serie “Cleo” wurde hier zum Beispiel gedreht.
Just in dieser einmaligen Kulisse sollte das frisch gegründete “JugendSinfonieOrchester Havelland” (JSO) im Rahmen einer Vorstellungsrunde eins ihrer drei Konzerte spielen. Es gab keine Eintrittskarten: Jeder Freund klassischer Musik, der kommen wollte, durfte sich in den Reigen der Zuschauer einreihen und auf den vorbereitenen Plätzen Platz nehmen. Am Ende kamen allein nach Nauen über 500 Zuhörerinnen und Zuhörer – die vorsorglich aufgestellten Stühle reichten gerade einmal so aus.
Verantwortlich für das neue “JugendSinfonieOrchester Havelland” ist letztendlich Simone Seyfarth als Leiterin der Musik- und Kunstschule Havelland (www.mks-havelland.de). Das ist die größte Bildungseinrichtung im Landkreis – mit 3.500 Schülern, 150 Lehrkräften und 33 Standorten im Havelland: “Wir haben bereits verschiedene Streich- und Blasorchester, ein Akkordeonorchester und ein Gitarrenorchester, aber wir hatten bislang noch nie ein richtiges Symphonieorchester. Ein Symphonieorchester ist sozusagen die Krone der klassischen Musik. Es handelt sich dabei um ein instrumentenübergreifendes Orchester, bei den Bläser, Streicher, Schlagwerker und Harfe zusammenspielen. So ein Sinfonieorchester ist jetzt zum ersten Mal im Havelland entstanden, das gab es vorher noch nie.”
Simone Seyfarth träumt bereits seit 15 Jahren von einem eigenen Jugend-Sinfonieorchester. Aber auch die Jugendlichen haben es sich selbst immer wieder gewünscht. Aber reicht ein Wollen in diesem ambitionierten Umfeld aus?
Simone Seyfarth: “Für ein Sinfonieorchester braucht man sehr viele und vor allem auch sehr gute Streicher. Es dauert aber, bis man auf der Geige so gut spielen kann, dass es gut klingt und man sich auch vor viele Leute stellen kann. Ein weiteres Problem, das waren die weiten Entfernungen im Landkreis. Die Teilnehmer, die sich für das Orchester eignen würden, waren auf den ganzen Landkreis verstreut – von Rhinow bis nach Schönwalde-Glien. Da ist es nicht möglich, sich mal eben so jeden Mittwoch für eine Probe zu treffen. Das funktioniert nur projektgebunden.”
Mit den leistungsstärksten Schülern aus den eigenen Reihen wurde das “JugendSinfonieOrchester Havelland” Anfang des Schuljahres gegründet. Vor allem in Rathenow, in Falkensee und in Nauen kamen schnell die ersten Schüler zum Proben zusammen. Simone Seyfarth: “Dann sind alle zusammen über Himmelfahrt ins Probenlager gefahren, um das Programm für die ersten Auftritte in Orchesterstärke einzustudieren. Wir haben nun etwa 30 Geigen, 12 Celli, drei Trompeten, zwei Posaunen und etwa acht Mann am Schlagwerk in der letzten Reihe. Da sind vier Pauken, ein Drumset, eine ganz große Trommel, die Triangel, die Gongs, ein paar Congas, ein Marimbafon und ganz links die Röhrenglocken platziert.”
Nach dem Debut zum Muttertag in Rathenow war der Auftritt in der Großfunkstelle Nauen der zweite Auftritt des Orchesters. Das Unternehmen Media Broadcasting hatte dafür die Erlaubnis gegeben. Ein dritter Auftritt soll am 8. Juni in der Falkenseer Stadthalle folgen.
Beim zweiten öffentliche Konzert des neuen “JugendSinfonieOrchesters Havelland” staunten die Eltern, Verwandten, Freunde und Nachbarn (sowie alle Freunde der klassischen Musik, die auch ohne Beziehung zu den Orchesterspielern gekommen waren) der Musiker nicht schlecht, welche Qualität ihnen da in der einmaligen Kulisse geboten wurde. Um 17 Uhr drängten 70 Jugendliche im Alter von 11 bis 19 Jahren zusammen mit einigen wenigen erwachsenen Musikern mit ihren Instrumenten auf die Bühne, um ein etwa 70-minütiges Programm zu präsentieren, das der Dirigent und musikalische Leiter Christoph Lipke mit ihnen einstudiert hatte.
Das Konzertprogramm, das gespielt wurde, konnte sich wirklich hören lassen. Es begann mit Henry Purcell und dem Rondeau aus der “Abdelazer Suite”, wechselte zu Georg Friedrich Händels Hornpipe aus der “Wassermusik” und fand seinen Fortgang in Ludwig van Beethovens V. Satz und zwar mit dem “Hirtengesang” aus der 6. Sinfonie. Mit Edvard Grieg ging es in die Halle des Bergkönigs aus “Peer Gynt”, dann kam mit Edward Elgar der Nimrod aus den “Enigma Variationen” Op. 36 zur Aufführung, um dann in den “Florentiner Marsch” von Julius Fucik zu münden. Keine Probleme, die Melodien zu deuten, hatten die Zuhörer im Publikum bei Ronan Hardimans “The Lord of The Dance” und “Cry of the Celts” und natürlich bei der Science-Fiction-Hymne “Star Trek – Through The Years” von Calvon Custer.
Die Aufführung wurde am Ende mit stehenden Ovationen belohnt: Das Publikum feierte die jungen Musiker sehr.
Landrat Roger Lewandowski: “Dass wir jetzt wirklich ein eigenes Sinfonieorchester im Havelland haben, ist natürlich eine ganz großartige Sache. Ich bin auch mächtig stolz darauf, dass hier bei uns im Havelland solch überzeugende Konzerte gegeben werden. Damit geben die Musikschüler auch etwas an die Bevölkerung und an den Kreis zurück.”
Bruno Kämmerling war als Geschäftsführer der Kulturstiftung Havelland (www.kulturstiftung-havelland.de) in der ersten Reihe mit dabei. Er hatte schon das erste Konzert in Rathenow besucht: “Die jungen Musikerinnen und Musiker haben im Vergleich zu Rathenow noch einmal hörbar mehr Selbstvertrauen entwickelt und in Nauen noch stärker aufgespielt.”
Nina Ullrich saß als Mutter von Frida Ullrich als Hornspielerin mit im Publikum: “Das war ein wundervolles Konzert in beeindruckender Kulisse! Das ‘JugendSinfonieOrchester Havelland’ hat sich direkt in die Herzen der Zuhörer gespielt und gezeigt, was in diesen tollen, jungen Musikern steckt. Die Mama hat geweint, dem Papa ist vor Stolz die Brust geplatzt!” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 220 (7/2024).
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