Menschenkette in Falkensee für wehrhafte Demokratie: Die Mitte der Gesellschaft schweigt nicht mehr!
Lange waren die Menschen nicht mehr so unzufrieden mit der aktuellen Regierung, mit den neuen Gesetzen und mit der Migrationspolitik, wie das zurzeit der Fall ist. Die Folge ist ein starker Ruck nach rechts. Dass die Mitte der Gesellschaft trotzdem für die demokratischen Grundwerte einsteht, zeigen viele Demonstrationen der letzten Wochen. Während am 3. Februar in Berlin über 150.000 Menschen vor dem Reichstag zusammenkamen, bildeten in Falkensee fast tausend Demonstranten eine lange Menschenkette.
Das Bündnis gegen Rechts Falkensee, die Willkommensinitiative Falkensee, das Regenbogencafé, die Vorbereitungsgruppe Stolpersteine Falkensee, das Jugendforum, der Kreisverband DGB Havelland und die Kirchengemeinden St. Konrad, Finkenkrug und Seegefeld hatten für den 3. Februar dazu aufgerufen, auf die Straße zu gehen.
Frei nach dem Motto “Wir sind die Brandmauer. Es ist 5 vor 12. Hand in Hand für unsere Demokratie!” fanden sich zwischen 650 (Schätzung der Polizei) und tausend (Angabe der Veranstalter) Havelländer um elf Uhr in der Falkenseer Bahnhofstraße ein, um mit einer langen Menschenkette für eine wehrhafte und starke Demokratie einzustehen. Die Menschenkette reichte vom Kreisverkehr an der Poststraße bis zum BioBackhaus – ein beeindruckendes Bild.
Warum so viele Menschen auf die Straße gehen, die sonst eigentlich nie auf einer Demonstration zu sehen sind? Die Enthüllungen des Netzwerks Correctiv über ein Geheimtreffen von stark rechts orientierten Politikern in Neu-Fahrland brachte zutage, dass hier Pläne geschmiedet wurden, die in einer “Massenvertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund” gipfeln sollten. Das sorgte tatsächlich dafür, dass die Mitte der Gesellschaft sich in der Folge klar zu den demokratischen Werten in Deutschland bekennen wollte, um zugleich ein deutliches Nein gegenüber rechtsradikalen Überlegungen auszusprechen.
Marius Miethig nahm für das Jugendforum Falkensee an der Demonstration teil: “Die Recherchen von Correctiv haben ganz viele Menschen wachgerüttelt. Bei vielen bricht gerade die Illusion weg, dass Freiheit, Grundrechte und Demokratie selbstverständlich sind. Gerade junge Menschen sind ja zum Glück in einer Welt aufgewachsen, in der bislang immer Frieden im eigenen Land geherrscht hat. Viele sehen nun plötzlich eine neue Gefahr von rechts aufkommen. Deswegen ist es wichtig, sich jetzt für die Demokratie einzusetzen. Es gilt, aus unserer deutschen Geschichte zu lernen, dass man sich frühzeitig für die Demokratie einsetzen muss, damit wir weiter in Freiheit und Frieden leben können. Dabei ist es aber auch wichtig, weiterhin miteinander statt übereinander zu reden.”
Sven Weiger aus Falkensee besuchte ebenfalls die Demo: “Es war wichtig, ein Zeichen gerade aus Falkensee heraus gegen rechts und für die Demokratie zu senden. Falkensee war zuletzt viel zu häufig mit rechten Themen in den Medien. Toll fand ich zuletzt bereits die Kunstaktion an der neuen Flüchtlingsunterkunft an der Spandauer Straße – mit den beleuchteten Regenschirmen. Da war auch unser neuer Bürgermeister vor Ort mit dabei – und das sehe ich als Fortschritt. Weil ich den alten Bürgermeister nie auf einer Kundgebung vom Bündnis gegen Rechts gesehen habe.”
Auch Martina Freisinger, Stadtverordnete der Grünen in Falkensee, trug ein Plakat über die Bahnhofstraße: “Die Menschenkette hat ein Zeichen für eine wehrhafte Demokratie und gegen rechtsextreme Deportationsfantasien gesetzt. Dieses Zeichen war bitter nötig. Diesen gesellschaftlichen Widerstand gegenüber den unverfroren geplanten Abschiebefantasien der Rechten brauchte es längst. Die Enthüllungen vom Correctiv haben die Menschen aus ihren Einfamilienhäusern geholt und sie auf die Straße gebracht, um es einmal ganz plakativ zu formulieren. Spannend fand ich, dass sich Menschen aus allen demokratischen Parteien mit in die Menschenkette gestellt haben, auch aus der CDU und der FDP. Sie haben für diese Aktion ihre Befindlichkeiten, die sie in der Vergangenheit oft mit den anderen Parteien hatten, scheinbar überwunden, um sich für die gemeinsame Aussage zusammenzutun.”
Marius Miethig: “Ich war sehr stolz auf mein Falkensee.”
Die Aktion begann um elf Uhr, sie verlief absolut friedlich und behinderte weder den Verkehr noch die Fußgänger. Um 12 Uhr endete die Aktion mit einem Glockengeläut der umliegenden Kirchen “als Zeichen des Miteinanders”. Anschließend fanden sich viele Teilnehmer der Demo noch zu einem gemeinsamen Gebet in der Seegefelder Kirche ein.
In den Sozialen Netzwerken wurden anschließend aber auch die Stimmen von vielen Havelländern laut, die mit der Menschenkette überhaupt gar nichts anfangen konnten. Rene Bähr meinte: “Als ob wir keine größeren Probleme haben!” Der Froschkönig schrieb: “Alles nur Ablenkung von den wirklichen Problemen in diesem Land!” Und Ga Bö insistierte: “Die Gehirnwäsche hat funktioniert.”
Klar wurde einmal mehr: Unsere Gesellschaft ist zurzeit so stark gespalten, wie sich das vor zwanzig, dreißig Jahren nie jemand hätte vorstellen können. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 216 (3/2024).
Seitenabrufe seit 3.02.2024:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige