Kino-Filmkritik: Wochenendrebellen

“Wochenendrebellen” – das ist tatsächlich einmal ein Film, wie man ihn so im Kino nicht erwartet hätte. Das liegt sicherlich auch daran, dass sich kein Drehbuchautor diese Story ausgedacht hat. Die Geschichte folgt stattdessen der Wirklichkeit. Das, was im Film passiert, ist wirklich geschehen. Mirco (Florian David Fitz) und seine Frau Fatime (Aylin Tezel) lieben sich. Er ist aber beruflich viel unterwegs und eigentlich nur am Wochenende Zuhause. Sie regelt derweil das Familienleben – und kümmert sich um den zehnjährigen Sohn Jason (Cecilio Andresen).
Doch Jason ist Autist. Er gestaltet sein ganzes Leben nach strengsten Regeln und kommt mit anderen Menschen nur sehr schwer zurecht. Kein Wunder also, dass er in der Schule immer wieder aneckt und zu schlimmen Tobsuchtsanfällen neigt. Für die Schulleitung liegt der Fall klar auf der Hand: Kriegt sich Jason nicht zügig ein, muss er auf die Förderschule.
Fatime kann nicht mehr, sie fordert mehr Engagement von ihrem Mann. Dessen Stunde kommt, als der Sohn den Wunsch äußert, den perfekten Lieblingsfußballverein zu finden. Dann würde er sich auch in der Schule mehr zusammenreißen.
Vater und Sohn beginnen nun an jedem Wochenende eine Reise durch ganz Deutschland. Denn Jason will von jedem Fußballverein im Land ein Spiel direkt im Stadion sehen – und zwar nicht nur von der ersten Liga, sondern auch von der zweiten und dritten. Das sind 56 Mannschaften. Dabei stellt er typische Jason-Regeln auf. Ein Fußballverein ist nur dann cool, wenn er kein peinliches Maskottchen hat, die Spieler keine bunten Turnschuhe tragen, der Verein in Nachhaltigkeit investiert und die Spieler vor einem Spiel keinen Kreis bilden.
Vater und Sohn begeben sich nicht nur auf eine Reise zu den tollsten Stadien, die Deutschland zu bieten haben, sondern auch zu einer Reise zu sich selbst. Der Vater, von Florian David Fitz wirklich perfekt gespielt, beginnt erst nach und nach zu begreifen, wie sein eigener Sohn tickt. Dass es keine Kompromisse geben wird. Das sich das Universum immer um Jason drehen muss – und es anders herum nicht geht. Er erkennt aber auch, welche Talente in seinem Sohn schlummern. Und dass die Förderschule keine Option ist.
Man geht davon aus, dass eins von einhundert Kindern autistische Züge zeigt. Jungs sind deutlich häufiger betroffen als Mädchen. Jede Familie kennt sicherlich aus eigener Erfahrung wenigstens ein Kind aus dem eigenen Umfeld, das betroffen ist. “Wochenendrebellen” ist als Kinofilm emotional, spannend, amüsant, kurzweilig, erklärend und erschütternd. Er weckt aber auch sehr empathisch das Verständnis dafür, was es bedeutet, ein Autist zu sein.
Die Frage, die natürlich den ganzen Film über im Raum steht, ist diese: Wird Jason seinen Lieblingsfußballverein finden? Das wird sich am Ende zeigen. Fußballfans werden auf jeden Fall eine Menge Spaß mit dem Film haben, auch wenn sich die Zusammensetzung der drei Sportligen seit dem Dreh auch schon wieder mächtig geändert hat.
“Wochenendrebellen” basiert auf dem Buch “Wir Wochenendrebellen” von Mirco und Jason von Juterczenka, die hier ihre eigene Geschichte erzählen. Es ist berührend, dass die beiden “Originale” nach dem Film noch einmal in vielen Fotos im Abspann gezeigt werden. (CS / Bilder: Leonine Studios)
Fazit: 5 von 5 Sternen (FSK 6)
Spieldauer: 105 Minuten
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=1Hbyvd4Y5hE
Kinostart: 28. September 2023
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 211 (10/2023).
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