Kino-Filmkritik: Oppenheimer
Die Atombombe ist in den letzten Jahren durchaus etwas in Vergessenheit geraten. Sie ist zwar in den Waffenarsenalen der Großmächte noch vorhanden, aber ihr Einsatz schien unmöglich. Die Atombombe war in der Einschätzung der Menschen nur noch eine verstaubte Option in einem vergessenen Kellerverschlag. Das hat sich mit Russlands Angriff auf die Ukraine schlagartig geändert: Die Atombombe rückt in der Berichterstattung der Medien wieder in einen immerhin denkbaren Wahrscheinlichkeitsbereich.
Just in diesem politischen Kontext hätte der Film “Oppenheimer” zeitlich nicht besser terminiert sein können. Christopher Nolans Film über den geistigen Vater der Atombombe kam als Punktlandung ins Kino: Der drei Stunden lange Film erzählt noch einmal genau, wie zahlreiche Physiker unter der Aufsicht des amerikanischen Militärs ab 1942 im Rahmen des Atomforschungsprojekts “Manhattan” in Los Alamos an der ultimativen Bombe gearbeitet haben. Ziel war es, schneller die Formel zur Atomspaltung zu finden, als dies den Nazi-Wissenschaftlern unter Adolf Hitler gelingen würde. Tatsächlich schafften es die Amerikaner, die erste Atombombe zu zünden. In Deutschland kam sie nicht mehr zum Einsatz, dafür aber in Japan.
Christopher Nolan gilt als Ausnahmeregisseur. Der Kinomacher, der auf Computertricks gern verzichtet, steht immerhin für solche Kinoklassiker wie “Tenet”, “Dunkirk”, “Interstellar” und “Inception”. Auch die “Dark-Knight”-Trilogie um einen besonders düsteren Batman hat er mit verantwortet. Für “Oppenheimer” haben sich die Top-Akteure der Schauspielergarde regelrecht überschlagen, um hier auch in den kleinsten Nebenrollen mitspielen zu dürfen. So sind in zweiter Reihe Emily Blunt, Florence Pugh, Josh Hartnett, Rami Malek, Kenneth Branagh und sogar Matthias Schweighöfer (letzterer als Physiker Werner Heisenberg) mit an Bord.
In den Hauptrollen brillieren Cillian Murphy als Oppenheimer und Robert Downey Jr. als sein Gegner Lewis Strauss, Mitbegründer der US-Atomenergiekommission. Es dürfte fast als sicher gelten, dass beide Schauspieler für ihre Leistungen im Film – zu Recht – den Oscar erhalten werden. Matt Damon ist außerdem als General Leslie Groves Jr. zu sehen. Er war der militärische Leiter des Manhattan-Projekts.
Der Film basiert auf dem Buch “J. Robert Oppenheimer: Die Biographie” von Kai Bird und Martin J. Sherwin. Das ist in meinen Augen sicherlich auch ein Grund dafür, warum der Film “Oppenheimer” von uns nicht die volle Punktzahl erhält.
Der Kinofilm lässt zwar viele berühmte Physiker wie Einstein, Bohr und Heisenberg über die Leinwand flanieren und erklärt auch kurz die Grundlagen der Quantenmechanik. Die Bombe als solches kommt aber im Film viel zu kurz. Es fehlt ein Exkurs über Quantenmechanik, Atomverschmelzung und Radioaktivität, wie er etwa in dem hervorragenden Pulitzer-Preis-gekrönten Sachbuch “Die Atombombe oder die Geschichte des 8. Schöpfungstages” von Richard Rhodes angeboten wird. Tatsächlich geht der Kinofilm auch nur nebenbei und damit fast nachlässig auf den Abwurf der ersten Atombomben 1945 auf Hiroshima und Nagasaki ein.
Stattdessen dreht sich die letzte halbe Stunde im Film fast nur noch um die allein autobiografisch wichtige Anschuldigung, ob Oppenheimer nun im Geist ein Kommunist war oder nicht. Das klingt im Kontext der Bombe nahezu belanglos. (CS / Bilder: Universal)
Fazit: 3,5 von 5 Sternen (FSK: 12)
Spieldauer: 180 Minuten
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=kKpFmwxcl7U
Dieser Artikel stammt aus „Zehlendorf Aktuell“ Ausgabe 113 (8/2023).
Seitenabrufe seit 30.08.2023:
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