Start für RegioEnergie Nauen: Die Energiewende findet in Nauen statt!
Nauen ist im Havelland ein echter Vorreiter, wenn es um die lokale Erzeugung von Grünstrom aus regenerativen Energien geht. Der Strom wird hier nicht aus Kohle gewonnen, sondern hat seinen Ursprung in der Windkraft, in den aufgestellten Photovoltaik-Anlagen und im Biogas. Am 1. Juni wurde die Energiewende ein Stück weiter vorangetrieben: Wie cool wäre es denn, wenn die Nauener ihren vor Ort hergestellten Ökostrom auch gleich selbst verbrauchen könnten?
Immer mehr Bürger lieben es, regional einzukaufen. Das betrifft vor allen Dingen Lebensmittel. Ob es um den Salat, den Honig, den vor Ort gerösteten Kaffee oder um das Bio-Ei geht: Alles schmeckt einfach besser, wenn es vom Nachbarn stammt.
Aber wie sieht es eigentlich mit dem Strom aus? Auch hier könnte doch die Regionalität in der Zukunft eine große Rolle spielen. In Nauen etwa sieht jeder Ackerbürger auf seinen Wegen unzählige Windkraftanlagen auf den Feldern stehen. Wäre es nicht ein gutes Gefühl, wenn der hier erzeugte Strom (sehenswert: https://energiemonitor.e-dis.de/nauen) auch aus der eigenen Steckdose fließt?
Am 1. Juni verkündeten die Stadt Nauen, die E.DIS AG (www.e-dis.de) und die Bayernwerk Regio Energie GmbH gemeinsam den Beschluss, einen regionalen Strommarkt auf die Beine zu stellen. Dieser neue Strommarkt heißt “RegioEnergie Nauen” (https://www.bayernwerk.regionaler-strommarkt.de/nauen).
Im Grunde genommen geht es darum, dass regionale Stromerzeuger aus dem Nauener Bereich ihren vor Ort erzeugten Grünstrom über den regionalen Strommarkt direkt an die Verbraucher in der Nachbarschaft verkaufen.
Beim Strommarkt “RegioEnergie Nauen” ist es so, dass zum Start vor allem Öko-Strom der Firma BIO-LEM Agrar Nauen aus dem Ortsteil Hertefeld in das Netz eingespeist wird. Der Grünstrom wird von der Firma mit der Hilfe großer Photovoltaik-Anlagen und über die eigene Biogas-Verstromung hergestellt. Allein beiden Biogas-Anlagen des Unternehmens bringt es seit 2007 auf jeweils 625 kW Leistung. Eine Anlage kann auf diese Weise 1.333 Haushalte mit Strom versorgen.
Manuel Meger ist als Bürgermeister der Stadt Nauen der erste private Kunde, der von seinem bisherigen Stromtarif zu “RegioEnergie Nauen” gewechselt ist – und nun seinen Strom über diesen neuen regionalen Anbieter bezieht. Aktuell gilt das Angebot von “RegioEnergie Nauen” tatsächlich nur für Bürger, die im Postleitzahlenbereich 14641 von Nauen leben.
Auf der Homepage des neu gegründeten Anbieters gibt es einen Preisrechner für weitere interessierte Neukunden neben Bürgermeister Meger. Wer sich hier für ein Jahr bindet, zahlt zum Start einen Grundpreis von 15,37 Euro im Monat und einen Arbeitspreis von 39,95 Cent pro Kilowattstunde. Entscheidet man sich für eine Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten, sinkt der Grundpreis auf 14,54 Euro pro Monat.
An dieser Preisangabe offenbart sich zurzeit auch noch der Nachteil des regionalen Strommarktes. Denn der “Vorteil”, den regionalen Strom zu nutzen, zeigt sich in der aktuellen Situation nur im eigenen Kopf, nicht aber im Portemonnaie. Wer sich in den einschlägigen Vergleichsportalen umsieht, findet Angebote “von weiter weg”, die tatsächlich günstiger sind.
So ist der “RegioMarkt Nauen” für die Nauener vor allem dann ein interessantes Angebot, wenn es vorrangig darum geht, wirklich sauberen Grünstrom aus der direkten Nachbarschaft zu beziehen.
Aber: Es wird bereits politisch daran gearbeitet, eine langfristige Perspektive für die regionale Nutzung des vor Ort erzeugten Stroms zu schaffen. Das macht Sinn, denn so muss der Strom nicht über teure Leitungen durch das halbe Land transportiert werden. Kurze Wege sorgen für kleine Kosten: Das sollte der Verbraucher auch im Geldbeutel spüren, wenn er sich auf diese Weise zu seiner Heimat bekennt.
Die E.DIS ist als Anbieter des Leitungsnetzes dafür da, den Strom vom Erzeuger zum Verbraucher zu bringen. Die Bayernwerk Regio Energie GmbH, wie E.DIS ein E.ON-Tochterunternehmen, hilft als technischer Umsetzungspartner bei der Realisierung. Geschäftsführer Thomas Oppelt: “Bei uns in Bayern sind regionale Strommärkte bereits gang und gäbe. Wir haben in vielen Orten dabei geholfen, sie zu realisieren. Wir freuen uns sehr, dass das Konzept regionaler Strommärkte nun auch in Brandenburg auf Begeisterung stößt. Ich bin davon überzeugt, dass die Energiewende dezentral stattfinden muss. Wir bringen nun auch in Nauen Menschen zusammen, die etwas bewegen und die Energiewende aktiv mitgestalten wollen.”
Manuel Meger, Bürgermeister von Nauen: “Der regionale Strommarkt ist nicht nur ein weiterer Schritt zur dezentralen Stromversorgung, er stärkt zudem auch die Verbundenheit unser Bürger mit ihrer Region und die Akzeptanz für die Energiewende. Wir sind hier im Havelland ein echter Pionier, ein Energiepionier. Ich sage ganz klar: Die oft ausgerufene Energiewende findet hier bei uns in Nauen statt.”
E.DIS-Vorstandsmitglied Jürgen Schütt: “Wir starten mit dem regionalen Strommarkt in Nauen und schauen uns an, wie es anläuft. Wir können uns sehr gut vorstellen, das Angebot für das ganze Havelland zu öffnen. Es wäre auch für Falkensee interessant, einen eigenen Strommarkt zu nutzen. Wenn die einzelnen Kommunen das möchten, schauen wir uns gern an, was technisch machbar ist, und setzen ein neues Modell auf.”
Die E.DIS investiert jedes Jahr in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern über 100 Millionen Euro in die Pflege und den Ausbau der Stromnetze, die bereits eine Leitungslänge von rund 80.000 Kilometern aufweisen. Über 1,3 Millionen Haushalte, Gewerbe- und Industriebetriebe sind an dieses Netz angeschlossen. Um für die Zukunft und steigende Strombedarfe gewappnet zu sein, muss das Netz aber weiterhin erheblich ausgebaut werden. Bildlich lässt sich das so vermitteln: Damit viele Autos fahren können, braucht es nicht nur kleine Landstraßen, sondern vor allem große, schnelle, breite Autobahnen.
Ein Problem beim Ausbau des Stromnetzes ist es aber leider, dass die E.DIS mitunter bis zu acht Jahre auf die Erteilung einer dringend benötigten Genehmigung warten muss. Die Bürokratie!
E.DIS Vorstandsmitglied Jürgen Schütt: “Ungerecht ist es außerdem, dass der Osten Deutschlands zwar führend in der Produktion von Grünstrom ist. Die Kosten, die für den Aufbau der Infrastruktur aufgewendet werden, werden aber nur lokal auf den Strompreis aufgeschlagen. Das bedeutet, dass wir, die wir den Strom für ganz Deutschland produzieren, über höhere Netzentgelte fünf bis sechs Cent pro Kilowattstunde Strom mehr bezahlen müssen als die Bundesländer, die den Strom nur beziehen. Das kann man niemandem erklären. Zum Glück hat das die Politik erkannt, auch hier wird an einer Lösung gearbeitet.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 208 (7/2023).
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