Berber ermittelt: Kladower Autor Georg Steinweh liest im Café Lutetia!
Georg Steinweh hat viele Jahre lang als Kameramann gearbeitet. So hat er vor allen Dingen den Stuttgarter “Tatort” mit der Kamera fürs Fernsehen eingefangen. Im Ruhestand hat es ihn nach Kladow verschlagen. Hier schreibt er nun Kriminalromane und lässt den nicht immer ganz einfachen Privatdetektiv Daniel Berber an wechselnden Orten auf die Verbrecherwelt los. Am 2. März las der Autor im Café Lutetia in der Spandauer Altstadt aus seinem Buch “Berber und die flotte Lotte”.
Wie wird man eigentlich Autor? Georg Steinweh (67, www.georg-steinweh.de) ist ein weiteres Beispiel dafür, dass man so eine Karriere einfach nicht planen kann. Sie kommt von selbst zu Personen, die besonders kreativ sind.
Georg Steinweh, der aus Forchheim und damit aus Franken stammt: “Schon während der Schulzeit hatte ich drei Jahre lang einen Minigolfplatz gepachtet. Und ich habe alte Motorräder restauriert und ihnen eine Tanklackierung im Stil von ‘Easy Rider’ verpasst. Da es nicht besonders viele Minigolfspieler gab und auch der Nachschub an günstigen Mopeds fehlte, hatte ich nicht besonders viel zu tun – und entdeckte Shakespeare für mich.”
Nach der Schule verschlug es Georg Steinweh zunächst nach Berlin – er studierte “Kamera”. Um dann 1978 nach Stuttgart zu ziehen, um hier als Kameramann fürs Fernsehen zu arbeiten und zwar vor allem für die Sender SDR und SWR: “Hier war ich im Laufe der Jahrzehnte tatsächlich in der ganzen Welt unterwegs, um Dokumentationen und Porträts zu drehen. Als verantwortlicher Kameramann habe ich auch viele Serien, Fernsehspiele und Tatorte mit verantwortet. U.a. war es meine Aufgabe, mich für die ARD um das Licht-Design für die Olympischen Spiele in Athen 2004 zu kümmern. Während meiner letzten zehn Berufsjahre leitete ich die Kameraabteilung des SWR in Stuttgart.”
Aber wie wird aus einem Kameramann ein Autor? Georg Steinweh: “Ich habe drei Kinder und denen habe ich vor dem Einschlafen immer selbsterfundene Geschichten erzählt. Die habe ich irgendwann aufgeschrieben, weil sie immer abstruser wurden. Als die Kinder aus dem Haus waren, wurde es kritisch für mich. Die Phantasie ließ sich nicht stoppen, die Wörter wollten raus und so begann ich weiter zu schreiben. 2010 erschien ‘Die Gabe des Erben der Zeit’, 2014 folgten die ‘Korallenkinder”. Das war eine Jugend-Fantasy-Geschichte, die auf Mallorca spielte.”
Die Frau von Georg Steinweh hatte über 20 Jahre lang noch ein WG-Zimmer in Berlin: “2020 sind wir endgültig von Stuttgart nach Berlin gezogen. In Kladow haben wir eine neue Heimat gefunden. In Stuttgart gibt es überhaupt kein städtisches Gewässer. In Kladow haben wir allein drei Seen in der Nachbarschaft. Aus diesem Grund denken wir oft: Leben wir jetzt da, wo andere Leute Urlaub machen?“
Das tägliche Schreiben brachte unterdessen eine neue Serienfigur hervor. Das ist Privatdetektiv Berber.
Georg Steinweh: “Es musste ein Privatdetektiv sein, weil meine Romane immer an verschiedenen Orten spielen. Das geht mit einem Kommissar nicht, der ist ja an einen bestimmten Wirkungsort gebunden. Mein Detektiv Berber sieht sich selbst als tollen Typen, er beschreibt sich als ‘erotisch schnell entflammbar’ und denkt, er ist die fränkische Antwort auf Philipp Marlowe. Er ist aber ein echt schwieriger Charakter, der Probleme damit hat, mit den Leuten zurechtzukommen. Berber denkt, er ist unwiderstehlich. Dabei ist er unausstehlich. Der Sympathieträger der Krimis ist Berbers 17-jährige Tochter Lisbeth, die er all die Jahre nicht gesehen hat, der aber die Abwesenheit des Vaters absolut nicht geschadet hat. Sie kauft ihrem Vater den Schneid ab, bringt die Fälle voran und hat als versierte Bogenschützin auch echt was drauf.”
2018 erschien “Berber und der Tod am Karpfenteich”, 2020 folgte als Rotlichtmilieustudie “Berber und die flotte Lotte”. “Berber und der Raub der Raubkunst” ist fertig, sucht aber noch einen Verlag. Georg Steinweh: “Für den vierten Berber habe ich bereits das Exposé fertig, der spielt im Oderbruch. Mir haben jetzt schon mehrere Leute dazu geraten, dass ein fünfter Berber in Kladow spielen muss. Das könnte ich mir inzwischen sehr gut vorstellen.”
Georg Steinweh hat seine Geschichten früher handschriftlich erfasst, inzwischen nutzt er das Programm Word an einem Mac-Computer: “Ich habe mir hier die Normseite für Verlage formatiert, sodass 1.800 Zeichen auf eine Buchseite passen. Ich bin seit drei Jahren im Ruhestand, ich muss mit den Berber-Roman kein Geld mehr verdienen. Wenn ich aber keinen Verlag für die Bücher finde, könnte ich es mir sehr gut vorstellen, sie als Self Publisher selbst zu verlegen. Denn das Schreiben kann ich nicht bleiben lassen. Sobald ich ein, zwei Tage nicht am Computer gesessen habe, steigt mein innerer Druck.”
Beim Schreiben hilft ihm seine Erfahrung als Kameramann vom Tatort-Dreh: “Da lernt man sehr gut, wie lang eine Szene sein darf und wann man zu einer anderen Szene wechseln muss. Beim Schreiben sehe ich auch ganz deutlich Bilder vor meinem inneren Auge. Ich muss sie dann nur noch in Worte fassen.”
In den Berber-Krimis gibt es zwar meist einen Toten, aber darüber hinaus fließt kein Blut. Georg Steinweh: “Bei mir fließen stattdessen die Sätze. Gewalt ist einfach nicht mein Ding. Sobald ich ein neues Buch fertig habe, geht auch immer noch einmal ein externer Lektor drüber. Wobei ich sagen muss, dass kein Lektor so streng ist wie meine Frau. Als Autor mag ich vor allem die Dialoge. Ich möchte, dass jede Figur anders spricht.”
Lesungen findet der Krimiautor toll, weil es hier eine direkte Resonanz gibt. Am 2. März war der Kladower Schreiber deswegen gern im Café Lutetia in der Jüdenstraße in der Spandauer Altstadt zu Gast.
Das Café sorgt inzwischen mit vielen abendlichen Veranstaltungen für eine perfekte Verknüpfung zwischen Entertainment und kulinarischer Versorgung. Bei der Lesung war das Interesse so groß, dass fortlaufend neue Stühle in den Extraraum getragen wurden, in dem die Veranstaltung stattfand. An die 40 Personen lauschten anschließend bei einem frisch gezapften Guinness und einem heißen Flammkuchen aus dem Ofen der Geschichte von Berber, wie er im Rotlichtmilieu nach der verschwundenen Lotte suchen soll, der Geliebten des mächtigen Großbordell-Betreibers König. Schnell steckt Berber mittendrin im Schlamassel und gerät in die Konfliktzone zwischen Kurden- und Türkenclans, die um die Hoheit im Rotlichtmilieu kämpfen. Zum Glück steht Tochter Lisbeth dem erfolglosen Ermittler erneut zur Seite.
Gut zwei Stunden dauerte die Lesung, dann musste Privatdetektiv Daniel Berber bei seinen Ermittlungen erst einmal Pause machen. Die Zuhörer konnten aber gleich vor Ort signierte Bücher kaufen – um Zuhause weiterzulesen und zu erfahren, wie die spannende Geschichte wohl enden mag. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 205 (4/2023).
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