Durch den Finkenkruger Wald: 3. Boßeln-Turnier mit dem Kronprinz – und Unser Havelland!
Es gibt Sportarten, da braucht es nur einen rotierenden Wurfarm und ein wenig Orientierungssinn – und schon hat das entsprechende Team die besten Siegerchancen. Am 18. März nahmen gleich ein Dutzend Teams beim 3. Boßeln-Turnier von “Unter Havelland” und dem Falkenseer Kronprinz teil. Die Aufgabe: Wer braucht die wenigsten Würfe, um eine rote Kugel durch den Finkenkruger Wald zu schmeißen?
Es war ein bunter Mix aus bereits aus den letzten Jahren bekannten Teilnehmern und vielen neuen Gesichtern, die sich zum 3. Boßel-Turnier von “Unser Havelland” angemeldet hatten. Um Punkt zehn Uhr morgens fanden sich am 18. März erstmals gleich zwölf Teams à vier Spieler auf der Waldseite vom Parkplatz des Bahnhofs “Finkenkrug” ein. Die Spieler hatten alle ein frühes Frühstück verputzt, um nur ja pünktlich vor Ort zu sein – zur Freiluft-Gaudi der besonderen Sorte.
Veranstalter Carsten Scheibe: “Darf man im Wald laut lachen? Na, ich hoffe doch. Angst hatten wir im Vorfeld nicht vor mangelndem Spaß, sondern nur vor dem Wetter. Denn nur ein paar Tage vor dem Event war morgens noch mein Auto zugefroren, wir hatten Minusgrade und von morgens bis abends wehte ein zermürbender Schneeregen durch Falkensee.”
Der Wettergott hatte aber zum Glück ein Einsehen. Am Sonnabend, dem 18. März, schien schon morgens die Sonne. Das Thermometer kletterte bis zum Nachmittag auf bis zu zwanzig Grad hinauf: Viele Boßel-Freunde hatten sich in der Folge deutlich zu warm angezogen.
Einmal mehr führte die Boßelroute auf der bereits bewährten Strecke zunächst genau 2.000 Schritte durch den Wald vom Bahnhof “Finkenkrug” bis direkt vor den Kronprinz.
Die zwölf Teams mit jeweils vier Mitspielern wurden vor Ort in drei Gruppen à vier Teams eingeteilt. Ziel war es, dass immer eine Gruppe im Pulk durchstartet – und die nächsten Teams erst dann loslaufen, wenn keine Gefahr mehr besteht, die eigenen Kugeln der Vorgruppe in den Rücken zu schmeißen. Ein Spieler pro Gruppe wurde zum Schriftführer erklärt, der unterwegs eine Strichliste mit den Würfen zu führen hatte. Ein anderer Spieler “durfte” einen Korb mit kleinen Schnapsflaschen (und Gummibärtüten für die alkoholfreie Alternative) durch den Wald schleppen.
Carsten Scheibe: “Das Boßeln kommt aus dem hohen Norden. Dort werfen die Teams eine große Kugel die Landstraße entlang, trinken Schnäpse und bekommen am Ende Grünkohl mit Pinkel serviert. Wir haben die Grundidee etwas angepasst. Wobei weiterhin gilt: Wer die vorgegebene Strecke mit den wenigsten Würfen absolviert, gewinnt das Turnier.”
So kamen beim Falkenseer Boßeln kleine, handliche und leuchtend orangene Kugeln zum Einsatz, die sich leicht werfen lassen und die man auch im Laub schnell wiederfindet.
Die Regeln: Geworfen wird wie beim Boule in einer ausholenden Bewegung von unten nach oben. Jedes Team legt für sich die Reihenfolge seiner vier Werfer fest – und behält diese dann zwingend bei. Sobald alle Kugeln geworfen sind, ist wie beim Golf immer das Team an der Reihe, dessen Kugel am weitesten hinten liegt.
Jeder Wurf sorgt für einen Strich und damit für einen Punkt auf der Wertungsliste. Einen Strafpunkt gab es auch beim dritten Boßeln immer dann, wenn die rollende Kugel eine andere Kugel auf dem Weg berührt, wenn ein Baum oder ein dicker Ast getroffen wurde oder wenn die Kugel in einer Wasserpfütze landete. Strafpunkte wurden auf der Liste gesondert vermerkt. Wer es geschafft hatte, seine Mannschaft mit einem Baumtreffer oder einem unfreiwilligen Kugelanstubser zu düpieren, durfte sich aus dem Schnapskorb bedienen und einen “Kurzen” süffeln – um sich wieder Mut für den nächsten Wurf anzutrinken.
Carsten Scheibe: “In den letzten Jahren wurde immer wieder erbittert darüber gestritten, ab welchem Umfang ein getroffenes Stück Holz einen Strafpunkt verursacht. Um Diskussionen im Keim zu ersticken, wurde dieses Mal der Unterarm der Mitspielerin Katja Klostermann zur ultimativen Maßeinheit erkoren. Da sie aber nur in Gruppe 3 mitlief, fehlte der lebendige Vergleich unterwegs bei Gruppe 1 und 2 – und es kam doch wieder zu ausschweifenden Diskussionen.”
Die Strecke durch den Wald begann mit einem sehr breiten und sehr geraden Weg. Hier gab es kaum eine Gefahr für einen Strafpunkt, insofern man keine gegnerische Kugel rammte. Aber schon nach wenigen hundert Metern zweigte ein deutlich schmalerer Weg ab. Und hier zeigte sich schnell, dass die Stürme der letzten Monate erheblichen Schaden im Wald angerichtet hatten. Überall lagen umgestürzte Baumstämme neben und auf dem Weg. Plötzlich schoss das Strafpunkte-Konto der Mitspieler deutlich nach oben. Eine Gruppe schaffte es mit einem einzelnen Wurf sogar, gleich drei Strafpunkte einzusammeln: Die Kugel sprang von Baum zu Baum und kickte am Ende auch noch einen Ball der Gegner beiseite. So ein Wurf konnte durchaus spielentscheidend sein.
Da lohnte es sich, ein bisschen fies zu sein. Unterwegs begegneten die Bossel-Spieler Nordic-Walking-Läufern, Joggern, Reitern hoch zu Ross, aber auch Havelländern mit ihren Hunden. Gruppe 1 schleuste so etwa einen besonders ballinteressierten Hund sicher durch die eigenen Reihen, um ihm dann auf dem direkten Weg zu Gruppe 2 laut nachzurufen: “Such dir das Bällchen, hol dir das Bällchen.”
Ein echtes Problem waren unterwegs auch die vielen Hundehäufchen, die rechts und links neben den Waldwegen im Laub lauerten. So mancher Schuh machte unfreiwillig Bekanntschaft mit den Hinterlassenschaften der Vierbeiner. Und wer konnte schon wissen, wo eine weit geworfene Kugel am Ende landete.
“Ich glaube, euer Ball ist in einem Häufchen gelandet.”
“Das ist nicht so schlimm.”
“Warum nicht?”
“Weil ich nicht mit Werfen an der Reihe bin.”
So mancher Ball landete leider nicht dort, wo der Werfer es vorgesehen hatte. Nach endlosen Sekunden des Zielens sauste der Ball eben doch nicht den anvisierten Weg entlang, sondern landete stattdessen seitlich in den Büschen. Hier war es oft alles andere als leicht, den Ball wieder auf den ebenen Boden des Weges zurückzubringen. Andere Spieler hatten Probleme mit der Konzentration:
“Konzentriere dich, wir liegen hinten, der Wurf muss sitzen.”
“Oh schau doch nur, ein Zitronenfalter.”
“Wo?”
Manche Spieler hatten regelrecht eine Hemmung, sich vom Ball zu trennen. Sie ließen viel zu spät los, sodass die Kugel fast senkrecht in den Himmel stieg und kaum Wegstrecke machte. Da kam es schon vor, dass das gesamte Team unterstützend einen Disney-Klassiker anstimmte: “Let it gooooo, let it go.”
Zwischenstop im Kronprinz: Schmalzstulle und Glühwein
Der Kronprinz markierte die Halbzeitpause des Events. Hier konnten die Teilnehmer kurz auf der Toilette verschwinden.
Im Biergarten hatte Katrin Ehrlich als Restaurantleiterin vom Hotel & Restaurant Kronprinz (www.hotel-kronprinz.de) eine kleine Stärkung für die Teilnehmer des Turniers vorbereitet. Es gab Schmalzstullen mit eingelegten Gurken und einen heißen Glühwein im Glas.
Bei der kleinen Pause kamen die Spieler miteinander ins Gespräch.
Schnell stellte sich heraus, dass in Gruppe 1 die besonders ehrgeizigen Teams vertreten waren. Neben Team Scheibe, das das Boßeln bereits zwei Mal gewonnen hatte, waren das Team Thamm von der Tanzschule Allround und das Team von EMA Immobilien mit dabei.
Gruppe 2 war die Falkenseer Schulgruppe. Neben Regina Beyer, frisch pensionierte Rektorin der Europaschule am Gutspark, und Hartmut Friedrich, ehemaliger Leiter der Diesterweg Grundschule, war hier auch Kristina Scheibe, Rektorin der Geschwister-Scholl-Grundschule vertreten – samt Konrektor Veit Spohnholz und Schulsachbearbeiterin Ulrike Koser.
In Gruppe 3 brachte die Gruppe um Jörg Springer die nötige Ortskenntnis und Turniererfahrung mit, um die anderen Teams durch den Wald zu führen. Diese Gruppe hatte anscheinend auch so viel Freude im Wald, dass sie für jeden Weg locker eine halbe Stunde länger brauchte als die beiden anderen Gruppen.
Im Biergarten des Kronprinzen wurde noch rasch ein Gruppenfoto geschossen, dann kam es zu einem kleinen Bonusspiel. Am Fuß der Treppe wurde ein Eimer aufgestellt. Ziel war es nun, eine deutlich schwerere Kugel als den Boßel-Ball vom oberen Ende der Treppe so in den Eimer zu werfen, dass die Kugel im Eimer liegen bleibt. Jeder Spieler hatte nur einen einzigen Versuch. Am Ende trafen nur einige wenige Turnierteilnehmer überhaupt den Eimer. Leider sprang die Kugel eigentlich immer wieder gleich heraus. Nur Florian Thamm aus dem Team 3 schaffte den Wunderwurf: Sein Team durfte sich damit zwei Punkte vom Zettel streichen – ein echter Vorteil.
Und schon ging es wieder zurück in den Wald – zur Rückrunde. Deutlich unkonzentrierter und kraftloser bewältigten die Teams auch diese Strecke. So mancher punktwerte Vorsprung auf der Strichliste wurde jetzt noch einmal unvorsichtig riskiert – und zunichte gemacht. Einem Teilnehmer gelang es unter den staunenden Augen seiner Mitspieler sogar, den Ball hinter sich zu werfen.
“Du musst dich nicht mehr konzentrieren. Uns kann jetzt wirklich gar nichts mehr passieren.” – “Upps.”
Am Ende eines langen Turniers kamen die Gruppen wieder am Bahnhof Finkenkrug an. Die Wertungszettel wurden abgegeben. Zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Auto ging es wieder zurück zum Kronprinz. Zu einem wohlverdienten kühlen Bier und einem leckeren Essen.
Vor Ort gab es für alle Spieler wahlweise ein riesiges Eisbein mit Sauerkraut, Kartoffeln und Erbsenpüree, ein paniertes Schnitzel mit Pommes oder aber als vegetarische Alternative Gnocchi mit Salbeibutter und Tomaten.
Während alle Spieler schlemmten, wurden am Orga-Tisch bereits alle Zettzel ausgewertet. Am Ende war klar: Team Carsten Scheibe konnte mit Jörg Reinhardt, Susanne Ripke und Sven Steller leider nicht den Hattrick schaffen und drei Mal in Folge gewinnen.
Das dritte Turnier gewann das Team der Geschwister-Scholl-Grundschule um Kristina Scheibe mit sehenswerten 97 Punkten. Auf Platz zwei folgte EMA Immobilien mit 99 Punkten. Die EMA hatte bereits im letzten Jahr schwer an einer Niederlage geknabbert. Oliver Theil und Sophie Röschlein hatten sich für dieses Jahr Verstärkung in Form von Ingo Nenn und Christian Scheffler mitgebracht. Insbesondere Christian “Die Maschine” Scheffler schleuderte die Boßel-Kugel mit beängstigender Präzision und Weite durch den Wald. Dritter wurde das Team Peggy und André Sellenthin mit den Mitspielern Sandra und Ingo Kollerer.
1. Team 5 (Kristina Scheibe): 97/6
2. Team 4 (EMA Immobilien): 99/13
3. Team 8 (Peggy Sellenthin): 100/9
4. Team 1 (Carsten Scheibe): 101/7
5. Team 12 (Jörg Springer): 101/9
6. Team 3 (Christian Thamm): 105/14/2
7. Team 9 (Amelie Staak): 112/6
8. Team 7 (Frank Beyer): 112/12
9. Team 11 (Ramona Dehnert): 113/9
10. Team 6 (Regina Beyer): 115/6
11. Team 10 (Sabrina Vetter): 115/9
12. Team 2 (Anja Thamm): 119/9
(Ergebnis als Würfe inkl. Strafpunkte + Strafpunkte separat + Bonuspunkte)
Team Scheibe ärgerte sich am Ende. Ein einziger Strafpunkt weniger, und es hätte noch für Platz 3 und für einen Pokal gereicht! Am Ende ist es aber auch schon eine tolle Belohnung, wenn beseelte Teilnehmer wie Regina Beyer am Abend schreiben: “Es war wieder ein sehr gelungener Tag – und dann noch bei diesem Wetter! Das Eisbein war auch oberlecker.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 205 (4/2023).
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