Kino-Filmkritik: Caveman
Seit vielen Jahren begeistert das Theaterstück “Caveman” von Rob Becker die Menschen. In den USA startete es 1995 am Broadway. Esther Schweins holte es 2000 sehr erfolgreich nach Deutschland. “Caveman” erklärt sehr gut, warum Männer und Frauen so verschieden sind. Männer waren in der Steinzeit Jäger. Da hatte man sein Ziel starr vor Augen und durfte auf der Jagd auf keinen Fall quatschen, sonst hatte man plötzlich die Zähne vom Säbelzahntiger in der Lende.
Die Frauen waren Sammlerinnen, die ihr Heim aufwerteten, Informationen austauschten und schon damals versuchten, ihren Kerl irgendwie besser zu machen. Regisseurin Laura Lackmann hat aus den prähistorischen Wahrheiten nun einen Kinofilm gemacht: “Caveman”.
Darum geht es: Robert Müller (sehr gut: Moritz Bleibtreu) ist vom Leben regelrecht überfordert. Als Autoverkäufer ist er eine Null. Und seine Frau versteht er auch nicht. Ständig will sie, dass er Gefühle zeigt.
Nur einmal ist “Bobby” mutig: Er wagt sich bei einem Open-Mike-Abend auf die Bühne. Aber was soll er da eigentlich erzählen? Wie gut, dass er in einer Vision plötzlich seinem uralten Ich begegnet – dem Caveman. Und der erklärt ihm erst einmal, warum Männer und Frauen sich nicht verstehen können.
Der “Caveman”-Film geht das Theaterthema auf eine ganz neue Art und Weise an. Anstatt einen amüsanten Monolog zu erzählen, wird der Caveman in eine richtige Geschichte eingebunden.
Moritz Bleibtreu ist hier der leicht vertrottelte Beziehungspartner, der die Signale seiner Frau nicht lesen kann, Kinder mit Tinder verwechselt und bei einem Gang zu Guido erst an eine Pizzeria denkt, und dann erst an einen unangenehmen Shoppingtrip. Ihm mehr oder weniger treu zur Seite steht seine Frau Claudia (Laura Tonke), die ständig an ihm herumdoktert, um ihn in die Version 2.0 zu verbessern, die seine Star-Wars-Figuren ins Puppenhaus stellt und sein Fernsehkoma nutzt, um eine erschummelte Einkaufserlaubnis für das neue Sofa einzuholen.
Zwischen den beiden Partnern knallt es ständig. Wie gut, dass Robert seinen Kumpel Hoffman (Wotan Wilke Möhring) hat, der ihn auch ohne Worte bestens versteht. Und wie gut, dass Claudia ihre Nike (Martina Hill) hat, mit der sie kompromisslos und bis zum Heulkrampf Emotionen austauschen kann.
Ich kann mich noch gut erinnern: “Caveman” als Theaterstück war eine verbale Offenbarung, die mit gewagten Erklärungen aus der Steinzeit die Fassade der Zivilisation zum Einsturz brachte und gnadenlos offenbarte, wie unsere Gene uns auch heute noch wie Marionetten durchs Leben führen. Das war dermaßen frech und einleuchtend, dass man mit der grell aufleuchtenden Birne der Erkenntnis über dem Kopf aus dem Theater stolperte.
“Caveman” als Film ist unterhaltsam, was vor allem an einem herrlich aufspielenden Moritz Bleibtreu liegt, der immer wieder die vierte Wand durchbricht und direkt mit dem Zuschauer spricht. Auch Laura Tonke hält wunderbar dagegen und beherrscht anbetungswürdig den gesamten Kanon weiblichen Irrsinns.
Leider bleibt die neue Rahmenhandlung ebenso blass wie die beiden Sidekicks Hoffmann und Nike. Die Geschichte plätschert einfach viel zu belanglos vor sich hin. Die Gagdichte an schrulligen Caveman-Zitaten, die nötig wäre, um aus dem Film ein echtes Kultereignis zu machen, das einen langsam in einen Lachflash treibt, ist leider nicht gegeben. (CS / Bilder: Constantin Film)
Fazit: 3 von 5 Sterne (FSK: 12)
Spieldauer: 100 Minuten
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=q1VoFIpntoc
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 203 (2/2023).
Seitenabrufe seit 25.01.2023:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige