Tanzschule, Bäcker, Wäscherei im Havelland: In der Energiekrise

Viele regionale Unternehmen befinden sich im permanenten Krisenmodus. Nach Corona, Versorgungsengpässen, Inflation und Krieg in der Ukraine kommt es nun auch noch zur Energiekrise: Die Kosten vor allem für Gas, aber auch für Strom und Öl steigen und steigen. Wie kommen unsere lokalen Firmen und Betriebe mit den steigenden Ausgaben im Energiesektor zurecht?
Die Tanzschule Allround in Dallgow-Döberitz (www.tanzschule-allround.de) ist seit vielen Jahren im alten Volkshaus Dallgow zu finden. In drei unterschiedlich großen Räumen laden die Betreiber zu Tanzkursen aller Art ein. Zugleich werden die großzügigen Räumlichkeiten aber auch sehr gern für Geburtstagsfeiern, Firmenevents, Vorträge, Seminare oder Hochzeiten gebucht.
Chefin vor Ort ist Anja Thamm. Sie sagt: „Vor allem unser Ballsaal ist sehr groß und weist eine besonders hohe Decke auf. Räume wie dieser kühlen sehr schnell aus. Es ist hier einfach nicht möglich, nur mit halber Kraft zu heizen, es gibt für uns kein Sparpotenzial. Aus diesem Grund müssen wir die vollen Kosten tragen. Wir heizen mit Gas. Unser langjähriger Gasvertrag endet genau zum Ende des Jahres hin. Das bedeutet, dass wir ab Januar 2023 mit einem deutlich höheren Preis kalkulieren müssen.“
Familie Thamm zahlt zurzeit noch fünf Cent für die Kilowattstunde. Anschließend steht eine Summe von 27 Cent im Raum. Das würde einer Versechsfachung der Kosten entsprechen.
Eine Hoffnung: Die Bundesregierung plant für 2023 die Umsetzung einer Gaspreisbremse. 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs sollen zu einem Preis von nicht mehr als 12 Cent pro Kilowattstunde abgerechnet werden. Bei Fernwärme setzt die Preisbremse schon bei 9,5 Cent an.
Anja Thamm: „Beim Strom wissen wir auch schon, dass die Kosten steigen – von 27,52 Cent pro Kilowattstunde auf 52,85 Cent. Die Grundgebühr wird von 118 auf 195 Euro im Monat angehoben. Wir sehen das zunächst ganz fatalistisch. Wir hatten jetzt in so kurzer Zeit so viele Krisen – und haben selbst die Lockdown-Zeiten während Corona irgendwie überstanden. Wir werden auch die Energiekrise bewältigen, das ist für uns ein weiterer Tropfen auf dem heißen Stein. Wir haben jetzt unsere Abschlagzahlungen so hoch wie nur möglich gesetzt. In einem Jahr schauen wir dann, wie es uns ergangen ist.“
Eins ist den Thamms allerdings klar: Einen großen Teil der nun auflaufenden Kosten müssen sie selbst schultern. Anja Thamm: „Ich kann die Beiträge, etwa für die Tanzkurse, nicht immer weiter erhöhen. Die aktuelle Teuerung trifft ja alle. Und wo spart man zuerst? Beim eigenen Hobby. Bei unseren Preisen müssen wir deswegen sehr vorsichtig sein.“
Bäckerei Ziehm: Moderne Öfen, aber Probleme mit Produktpreisen
In der Falkenseer Bäckerei und Konditorei Ziehm (www.baeckerei-ziehm.de) in der Friedrich-Engels-Allee wird noch das alte Handwerk geehrt: In der Backstube kneten Maschinen, die schon über hundert Jahre alt sind, den neu angesetzten Teig der verschiedenen Brote und Brötchen. Was nachts vom Bäckermeister und seinen Gesellen frisch in den Ofen geschoben wurde, steht nur Stunden später für den Verkauf bereit. Und das nicht nur am Hauptstammsitz, sondern auch in der Filiale in der Poststraße.
Konditormeister Dirk Ziehm: „Auch bei uns laufen gerade unsere bestehenden Versorgungsverträge zum Ende des Jahres aus. Beim Strom steht uns ab dem 1. Januar 2023 fast eine Verdoppelung von 34 auf 57 Cent pro Kilowattstunde ins Haus. Beim Gas ist die Erhöhung noch nicht absehbar, da haben wir noch keinen Preis erhoben, weil unser Vertrag bis Anfang des Jahres reicht. Wir hoffen ja sehr auf die von der Regierung verkündete Gaspreisbremse.“
Das Gas ist für die Bäckerei essentiell, so Dirk Ziehm: „Unsere drei Öfen werden alle mit Gas befeuert. Hier haben wir natürlich in jeder Nacht einen sehr hohen Energieverbrauch. Der lässt sich auch nicht reduzieren, wir können das Brot ja nicht bei niedrigeren Temperaturen oder in kürzerer Zeit backen. Unsere Öfen sind 32 Jahre alt, das sind echte Energiefresser. Zum Glück habe ich bereits vor der Energiekrise zwei unserer drei Öfen gegen moderne Geräte ausgetauscht. Die verbrauchen ein Viertel weniger Energie als die alten Öfen. Ohne es zu ahnen, habe ich hier die richtigen Schritte eingeleitet. Ich hoffe sehr, dass wir bei den Energiekosten dank Gaspreisbremse noch einmal mit einem blauen Auge davonkommen. Ich muss 15 Mitarbeiter bezahlen, die in der Backstube und im Verkauf arbeiten. Unsere Mitarbeiter schätzen wir sehr. Wir würden nur ungern jemanden entlassen, weil die Kosten aufgrund von Bedingungen steigen, für die ich gar nichts kann.“
Die ganz große Gefahr für seinen Betrieb sieht Bäcker Ziehm zurzeit aber nicht bei der Energie, sondern bei der Beschaffung der Rohstoffe: „Butter, Mehl und Zucker sind in der Anschaffung deutlich teurer geworden. Im Monat muss ich zurzeit etwa 8.000 Euro mehr für die Beschaffung der Rohstoffe ausgeben, als dies noch vor einigen Monaten der Fall war. Wir trauen es uns nicht, diese Mehrkosten komplett auf die Kunden umzulegen. So haben wir die Preise bislang nur moderat angehoben – und zugleich festgestellt, dass wir an den verschiedenen Preisen oft seit zehn Jahren nichts mehr gemacht haben. Den meisten Kunden ist natürlich klar, dass es jetzt nicht anders geht. Sie werden ja überall mit den Preissteigerungen konfrontiert.“
Wäscherei Preibisch: Enormer Energiebedarf
Die Wäscherei Preibisch (www.waescherei-preibisch.de) gibt es an ihrem Standort im Spandauer Magistratsweg bereits seit dem Jahr 1934. Inzwischen führt Anke Kleinert die Familiengeschäfte – auch in der Falkenseer Dependance, die den Namen „Green Clean“ trägt.
In der Wäscherei wird die Wäsche noch richtig mit Wasser und Waschmittel gewaschen, anschließend gemangelt und gebügelt. Dabei kommen sehr große Maschinen zum Einsatz. Die „Wäscherei Preibisch“ ist für Hotels, Pensionen, Restaurants, Reedereien und Behörden tätig – und reinigt vor allem Tischdecken, Servietten und Bettzeug im großen Stil. Es kann aber auch jeder Privatanwender mit einem Waschauftrag kommen. Gerade in Falkensee werden viele Hemden zur Wäsche und zum späteren Aufbügeln abgegeben.
Anke Kleinert: „Ich habe bereits im Sommer gesagt, dass uns die Benzinpreise, die Erhöhung des Mindestlohns und die Explosion der Energiepreise übel mitspielen werden. Und genau so ist es ja auch gekommen.“
Strom wird in der Wäscherei vor allem für die Maschinen und in Falkensee für die elektrische Hemdenpuppe benötigt. Anke Kleinert: „Den Strompreis haben sie uns gerade verdoppelt.“
Die Wäscherei heizt ihre riesigen Maschinen nicht mit Gas, sondern mit Öl. Anke Kleinert: „In Spandau haben wir eine Heizölanlage im Keller, die könnte 34 Einfamilienhäuser versorgen. Bislang habe ich alle vier bis sechs Wochen zweitausend Liter Heizöl für 1.400 bis 1.600 Euro nachgekauft. Zu Beginn des Ukraine-Krieges lagen wir bei 2.000 bis 2.200 Euro, jetzt habe ich im Oktober für 3.800 Euro Öl gekauft. Zurzeit sinkt der Preis gerade wieder auf 2.500 Euro. Ich müsste jetzt unbedingt Öl kaufen, aber mir fehlt das Geld.“
Die „Wäscherei Preibisch“ hat ihre eigenen Preise für ihre Dienstleistungen bereits erhöht – aber nur wenig. Anke Kleinert: „Ich kann noch nicht sagen, ob das reicht. Wir verharren in einem vorsichtigen Abwarten: Niemand weiß, was noch passiert.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 202 (1/2023).
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