Wintergäste: Wer krabbelt zum Überwintern ins eigene Haus?

Der Winter ist da. Bevor der erste Schnee fällt, sind die meisten Insekten und Spinnen allerdings schon gestorben. Sie haben aber vorher Eier gelegt und auf diese Weise bereits die kommende Generation vorbereitet. Das gilt aber nicht für alle Arten. Einige überwintern und kümmern sich erst im Frühjahr um den Nachwuchs. Nicht ganz so schön ist der folgende Fakt für viele Häuslebesitzer: Diese Tiere suchen sich sehr gern einen warmen Unterschlupf beim Menschen.
Kaum ein Horrorfilm vermag es, so laute Schreie zu provozieren wie ein ausgewachsenes Exemplar der Winkelspinne, das in den Abendstunden plötzlich über das Parkett flitzt oder direkt neben dem Sofa an der Wand emporklettert.
Die Winkelspinne gehört zu den größten einheimischen Spinnenarten. Sie fühlt sich in Kellereingängen, in Schuppen und in Steingärten wohl. Hier webt sie in den Ecken ein trichterförmiges Netz, in dessen innerster Röhre sie darauf wartet, dass ihr Asseln und Käfer in die Falle gehen. Die Männchen gehen auf Wanderschaft, um nach einem Weibchen zu suchen. Aber auch die „Mädels“ sind oft zu Fuß unterwegs, um auf acht Beinen nach einem neuen Standort für ihr Netz zu suchen.
Im Winter zwingt die Kälte die Spinnen oft in die menschlichen Behausungen. Hier ist es nicht nur angenehm warm, es finden sich auch immer noch verschiedene Beutetiere, die sich verspeisen lassen.
Die Winkelspinne kann – und das ist selten – mehrere Jahre alt werden. Da Spinnen wachsen, bis sie sterben, wundert es nicht, dass diese Tiere bei ausgestreckten Beinen bis zu acht Zentimeter groß werden können. Die Weibchen wirken dabei deutlich massiger als die Männchen.
Angst braucht niemand vor der Winkelspinne zu haben. Sie ist völlig harmlos. Um sie dazu zu bringen, einen Menschen zu beißen, muss schon sehr viel passieren. Tierfreunde nehmen ein Glas, um sie einzufangen. Die Spinne kann dann im Garten wieder ausgesetzt werden. Die Winkelspinne war übrigens Spinne des Jahres 2008.
Ein weiterer Überwinterungsgast bei uns ist der Marienkäfer. Der knallrote Freund aller Kinder sucht sich eigentlich eine trockene, wettergeschützte Spalte, um hier in aller Ruhe und ohne weitere Regung zu überwintern – oft zusammen mit anderen Käfern. In einem trockenen Schuppen findet er den perfekten Unterschlupf. Oft treibt es ihn aber in die Häuser. Hier bemerkt man den Marienkäfer den Winter über nicht. Erst im Frühjahr, wenn die Temperaturen wieder steigen, wird er wieder agil und zeigt sich plötzlich krabbelnd in der Wohnung. Da kann man dem Käfer gern dabei behilflich sein, den Weg ins Freie zu finden.
Im Frühjahr werden die Eier gelegt. Der richtige Zeitpunkt ist dabei sehr wichtig für die Käfer, denn die Larven ernähren sich ebenso wie die Käfer räuberisch von Blattläusen, die komplett vertilgt werden.
Die rote Farbe der Marienkäfer kommt übrigens nicht von ungefähr. Es handelt sich um eine Signalfarbe, die aussagt: Ich bin giftig. Tatsächlich schwitzen die Käfer bei einer Bedrohung eine gelbe Lymphflüssigkeit aus den Gelenkhäuten der Kniekehlen aus, in der giftige Alkaloide wie Coccinellin enthalten sind. Dieser Vorgang wird „Reflexbluten“ genannt.
Ein weiterer Überwinterungsgast ist die Gemeine Feuerwanze. Diese knallrote Wanze ist im Sommer vor allem an den Baumstämmen der Linden zu finden. Die Wanze tritt in Massen auf. Oft sonnen sich gleich Hunderte der Tiere an den Baumstämmen, wenn sie sich nicht gerade fortpflanzen oder damit beschäftigt sind, Pflanzensäfte zu saugen.
Viele Hausbesitzer stören sich bereits im Sommer an den Tieren, die in ihren Beeten unterwegs sind, die Gartenwege bevölkern und am Lavendel emporklettern. Da die Tiere vor allem an Pflanzensamen saugen, gelten sie übrigens nicht als Schädlinge. Die ausgewachsenen Feuerwanzen überwintern im Laub und im Unterholz – und pflanzen sich im nächsten Frühjahr fort. Oft gelangen die Wanzen vor dem Winter auch ins Haus. Hier finden sie einen Unterschlupf und rühren sich in den kalten Monaten nicht mehr. Erst im Frühjahr werden die Tiere wieder aktiv und krabbeln durch die ganze Wohnung.
Viele Schmetterlinge wandern über den Winter in den Süden aus. Zu diesen Wanderfaltern gehören etwa der Admiral und der Distelfalter. Schmetterlinge, die „Zuhause“ in Deutschland überwintern, sind der Zitronenfalter und das Tagpfauenauge. Während der Zitronenfalter bevorzugt im Wald in der Laubschicht liegend überwintert, sucht sich das Tagpfauenauge einen leicht feuchten und wettergeschützten Unterschlupf. Das können Höhlen, Kellerräume, Tierställe oder sogar Fuchsbauten sein.
Ein Problem ist es aber, wenn die Schmetterlinge in die menschlichen Behausungen gelangen und versuchen, in Treppenhäusern, Dachböden oder sogar in den Wohnräumen selbst zu überwintern. Hier ist es einfach viel zu „un-feucht“. In der Folge trocknen die Schmetterlinge über den Winter aus und überleben den Abstecher zum Menschen nicht.
Das Tagpfauenauge wurde zum Schmetterling des Jahres 2009 gewählt.
Insbesondere im Keller findet man im Winter auch einen Besucher aus dem Garten vor, den man eigentlich nur dann einmal sieht, wenn man nachts das Licht einschaltet. Die Rede ist von der Kellerassel. Bei diesem Vertreter der Landasseln handelt es sich weder um ein Insekt (6 Beine!) noch um ein Spinnentier (8 Beine!). Es ist vielmehr ein Krebstier. Die Kellerassel besitzt sieben Paare Schreitbeine. Hinzu kommen noch fünf Paare Blattbeine.
Der besondere Coolness-Faktor bei den Kellerasseln ist der Fakt, dass man den Tieren ansieht, dass sie evolutionstechnisch aus dem Wasser kommen. Denn sie atmen noch immer über – Kiemen. Die Pseudotracheen, die Sauerstoff aus der Luft aufnehmen, liegen unter den Außenästen der Hinterleibfüße. Aus diesem Grund benötigen Kellerasseln ständig ein feuchtes Milieu. Wird es zu trocken, arbeiten die Kiemen nicht mehr und die Asseln ersticken, lange bevor sie vertrocknen.
Kellerasseln ernähren sich vom sogenannten Detritus. Dabei handelt es um abgestorbenes organisches Material, das so noch einmal verwertet wird. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 201 (12/2022).
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