Kein Mucks in Schönwalde-Glien: Bundesweiter Warntag erneut mit Problemen!

Vor zwei Jahren veranstaltete Deutschland den ersten deutschen Warntag – und scheiterte kläglich. Die Sirenen blieben vielfach stumm, die Warn-Apps funktionierten nicht flächendeckend. Das sollte nun, zwei Jahre später, alles ganz anders werden. Doch auch am 8. Dezember lief noch längst nicht alles glatt: Am Warntag 2.0 bekam erneut nicht jeder Bürger eine Warnung. Und in Schönwalde-Glien wartete der Bürgermeiter vergeblich auf das Aufheulen seiner Sirene.
Die Idee ist ja angesichts der vielen Krisen, die Deutschland in den letzten Monaten bereits meistern musste, keine schlechte: Es soll herausgefunden werden, ob die Warnsysteme (www.warnung-der-bevoelkerung.de) für die Bevölkerung, die es in Deutschland gibt, auch tatsächlich funktionieren. Angesichts des noch immer fortschreitenden Krieges zwischen Russland und der Ukraine sicherlich eine Maßnahme, die man nur unterstützen kann.
Der erste bundesweite Warntag, vor zwei Jahren am 10. September 2020 ausgelöst, sorgte für eine ernüchternde Rückkehr auf den harten Boden der Tatsachen. Viele Sirenen sprangen in den Orten nicht an. In so mancher Stadt stellte man überrascht fest, dass es überhaupt gar keine Sirenen mehr gibt, die Krach schlagen könnten. Auch die bekannten Warn-Apps funktionierten nicht bei jedem Anwender.
Kurzum: Der erste Warntag zeigte sehr deutlich auf, dass das gesamte vorhandene System an Warn-Optionen einer dringenden Optimierung bedarf.
Zwei Jahre später, am 8. Dezember 2022, fühlte man sich bereit dazu, das Experiment „Bevölkerungsinformation“ noch einmal zu wiederholen. Alle Deutschen waren dazu aufgefordert, um Punkt elf Uhr auf einen Probealarm zu achten.
Bund und Länder, Landkreise, Städte und Gemeinden wollten zu dieser Uhrzeit unter der Leitung des „Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe“ (BBK) alles auffahren, was zur Information der Bevölkerung möglich sei. Zu den eingesetzten und an das „Modulare Warnsystem“ (MoWaS) angeschlossenen „Warnmitteln und Warnmultiplikatoren“ zählten vor allem die Sirenen der Feuerwehr, aber auch umherfahrende Lautsprecherwagen, mit entsprechenden Informationen bespielte Stadtinformationstafeln und die Anzeigetafeln der Verkehrsbetriebe. Die Medienbetreiber sollten außerdem über das Radio, im Fernsehen und im Internet warnen. Die auf vielen Handys installierten Katastrophen-Apps wie NINA, BIWAPP oder KATWARN sollten ebenfalls lautstark anspringen. Erstmals wurde das neue „Cell Broadcast System“ ausprobiert, das automatisch eine Notfall-SMS an sämtliche Handys in einer Funkzelle senden kann. Und zwar, ohne dass dafür eine bestimmte App installiert sein muss.
Am 8. Dezember sollte nun ein Probealarm der höchsten Warnstufe 1 ausgelöst werden. Die Warnstufe 1 kommt etwa dann zum Einsatz, wenn einer Region akute Gefahr droht. Dabei könnte es sich um eine Sturmflut oder um austretendes Giftgas nach einem Industrieunfall handeln. In der Warnstufe 2 könnten Warnungen etwa vor herumfliegenden Dachschindeln bei einem starken Sturm ausgesprochen werden. Bei der Warnstufe 3 geht es um Beeinträchtigungen des normalen Tagesablaufes – etwa bei Glättegefahr im Winter.
So lief der 2. bundesweite Warntag in Schönwalde-Glien ab!
Am 10. September 2020 wartete Bürgermeister Bodo Oehme leider vergeblich darauf, dass die Sirene der Freiwilligen Feuerwehr in der Siedlung von Schönwalde-Glien direkt an der Straße der Jugend ansprang. Sie blieb um elf Uhr komplett stumm und still. „Unser Havelland“ titelte damals: „Stiller Alarm: Der deutschlandweite Warntag wird zum Rohrkrepierer!“
In diesem Jahr sollte alles anders werden. In neu begründeter Tradition fand sich Bürgermeister Bodo Oehme erneut um Viertel vor elf Uhr vor dem Depot der Feuerwehr in der Siedlung ein. Die vor Ort installierte Sirene ist vom Hof aus gut zu erkennen. Bodo Oehme: „Alle sieben Ortsteile von Schönwalde-Glien sind mit Sirenen ausgestattet. Sie stammen zwar noch aus der Zeit vor der Wende, aber wir sind aktuell unserer Zeit voraus, weil wir sie eben nicht abgebaut haben. Wir wollen die Sirenen allerdings erneuern; es ist an der Zeit.“
Bereits um kurz vor elf Uhr begann das Smartphone von Marlen Hank, der stellvertretenden Bürgermeisterin von Schönwalde-Glien, lautstark Alarm zu schlagen. Das neue Cell Broadcast System schrieb ihr den Text auf das Display: „Notfallalarm – Probewarnung – bundesweiter Warntag.“ Das Handy vom Bürgermeister blieb derweil komplett still. Auf dem Smartphone von Zeitungsredakteur Carsten Scheibe blinkte wenigstens für eine Sekunde eine stumme Meldung der Katastrophen-Apps NINA und KATWARN auf, ein Alarmton war aber leider nicht zu hören.
Die Sirene aus der Siedlung von Schönwalde-Glien blieb übrigens auch im zweiten Versuch still. Die Tonfolgen „Warnung“ und „Entwarnung“, die durch die „Integrierten Regionalleitstellen“ (IRLS) ausgelöst werden sollten, waren nicht zu hören. Bürgermeister Bodo Ohme kommentierte enttäuscht: „Ein Satz mit X – das war wohl nix.“
Im Nachgang konnte geklärt werden, dass in Schönwalde-Glien immerhin die Sirenen aus den anderen Ortslagen zu hören waren. Eine mögliche Erklärung für das Stummbleiben der Sirene in der Siedlung lieferte der Landkreis: „Einige Sirenen waren nicht angelaufen. Im Vorfeld war aber bekannt, dass sich diese bereits im Umbau befinden oder noch modernisiert werden müssen.“
Überraschend viele Anwender freuten sich über das Funktionieren der Cell-Broadcast-Benachrichtigung oder über die Warnfunktion der Katastrophen-Apps samt Signalton. Zu ihnen gesellten sich aber wieder viele, bei denen die App erneut stumm blieb. Michael Koch, Beigeordneter und zuständiger Dezernent für den Bevölkerungsschutz im Havelland, sagte: „Der bundesweite Warntag dient eben genau dazu, die Funktionsfähigkeit aller vorhandenen Warnmittel zu testen. Dass es hierbei noch mögliche Schwachstellen gibt, war zu erwarten. Allein die enorme Datenmenge bei einer bundesweiten Warnung führte vielfach zu Problemen.“
Gern konnten Bürger unter www.warntag-umfrage.de ein erstes persönliches Feedback zum 2. Warntag abgeben. Am 13. September 2023 wird der Warntag erneut stattfinden. (Text/Fotos: CS) (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 202 (1/2023).
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