Aktion “Nette Toilette”: Falkensee auf der Suche nach der öffentlichen Toilette!
Wer in Falkensee unterwegs ist und weit entfernt vom eigenen Zuhause plötzlich einmal “muss”, kommt schnell in Not: Eine öffentliche Toilette ist im Stadtgebiet so gut wie gar nicht zu finden. Um allen Bürgern, die es auf keinen Fall mehr bis nach Hause schaffen, ein stilles Örtchen in Laufnähe anzubieten, beteiligt sich die Stadt Falkensee am bundesdeutschen Projekt “Nette Toilette”. Über eine App lassen sich Gewerbetreibende nachschlagen, die jedem Menschen in Bedrängnis ihr Kunden-WC zur Verfügung stellen.
Damit Menschen unterwegs nicht mehr in die Verlegenheit kommen, keine frei zugängliche Toilette zu finden, wurde das Projekt “Die nette Toilette” (www.die-nette-toilette.de) ins Leben gerufen. Es sammelt zurzeit in Deutschland und auch in der Schweiz die Adressen von “öffentlichen Örtchen” in Städten und Gemeinden ein.
Eine kostenlose App für das iPhone und für Android-Geräte nennt alle 310 zurzeit teilnehmenden Orte im Verbreitungsgebiet. Da entdeckt man Arnsberg, Bad Wurzach, Emmerich am Rhein und Metzingen.
Dallgow-Döberitz, Schönwalde-Glien, Wustermark, Brieselang oder Nauen sind in der Liste zurzeit noch nicht zu finden. Dafür gibt es aber einen Treffer beim Ort Falkensee.
Tatsächlich gibt es in der Gartenstadt bereits fünf Unternehmen, die sich an der “Netten Toilette” beteiligen. Das sind die biofreunde in der Bahnhofstraße 44, Denns Biomarkt in der Bahnhofstraße 79 bis 81, German Security in der Bredower Straße 45 und die Trattoria Lucania in der Spandauer Straße 112. Seit Oktober ist auch die Buchhandlung “Die Leseratte” in der Spandauer Straße 188 mit dabei. Mit dem Rathaus in der Falkenhagener Straße 43/49 und dem Bürgeramt in der Poststraße 31 beteiligt sich auch die Stadt Falkensee selbst am Programm (www.falkensee.de/nettetoilette).
Das bedeutet: Hier darf man die bereitstehenden Örtlichkeiten benutzen, ohne erst lange bitten oder betteln zu müssen. Die App zeigt in ihrer Übersicht sogar auf, ob die Toiletten barrierefrei sind oder ob es vor Ort einen Wickeltisch gibt. Eine Navigationsfunktion weist den kürzesten Weg zum nächsten Klo.
Heiko Müller, Bürgermeister von Falkensee, erklärt, warum er sich dazu entschieden hat, sich mit Falkensee an der Aktion zu beteiligen: “Mit der Aktion ‘Nette Toilette’ haben wir die Möglichkeit, das Angebot an kostenlosen und öffentlich zugänglichen Toiletten – insbesondere im Zentrum – weitreichend auszubauen. Aus unserer Erfahrung heraus gestaltet sich der Betrieb öffentlicher Toiletten schwierig. Zum einen sind sie sehr unterhaltungsintensiv. Ein flächendeckender Bedarf ist dadurch schwer abzudecken. Hinzu kommt, dass diese Toiletten häufig dem Vandalismus zum Opfer fallen. Aus diesem Grund mussten auch die öffentlichen WCs im Bereich des Busbahnhofes in den vergangenen Jahren häufig gesperrt werden. Die erneute Instandsetzung ist dabei immer wieder sehr kostenintensiv.”
Heiko Müller verdeutlicht auch, was die teilnehmenden Unternehmen davon haben, wenn sie einen roten “Nette-Toilette”-Aufkleber an ihre Eingangstür kleben: “Mit der Aktion ‘Nette Toilette’ wurde nun eine gute Alternative geschaffen, indem Gewerbetreibende und Einrichtungen ihre Kundentoiletten zur öffentlichen Nutzung freigeben. Dafür erhalten sie eine monatliche Entschädigung von der Stadtverwaltung.”
Zu den Falkenseer Unternehmen, die ihre Betriebstoilette zur Verfügung stellen, gehört auch German Security in der Bredower Straße. Geschäftsführer Robert Marquardt sagt: “Wir haben uns dazu entschieden, uns bei der ‘Netten Toilette’ zu beteiligen, weil es einfach viel zu wenig Möglichkeiten in der Stadt gibt, eine öffentliche Toilette zu finden. Wir sind zwar nicht mehr ganz im Stadtkern, aber die Bredower Straße wird gern als Umgehung genutzt. Außerdem hatten wir ohnehin schon oft Anfragen von Kraftfahrern oder von Arbeitern aus der Umgebung, die bei uns angeklopft haben. Der Bedarf ist also da. Da wir genügend Möglichkeiten hier bei uns im Haus haben, bieten wir dies gern an.”
Bürgermeister Heiko Müller sieht sogar noch einen Vorteil für die teilnehmenden Firmen: “Positiver Nebeneffekt ist sicherlich auch, dass es neben den Bestandskunden auch neue Besucherinnen und Besucher in die Läden lockt, die potenzielle Kundschaft werden könnten.”
Francesco Bellomo gehört ebenfalls zu den Unternehmen, die mit auf der Liste zu finden sind. Er öffnet seine Trattoria Lucania für alle, die ein dringendes Bedürfnis verspüren: “Wir haben in der Trattoria Lucania an jedem Tag in der Woche von 12 bis 23 Uhr geöffnet. Auch vor der ‘Netten Toilette’ haben wir unsere Toiletten bereits für Menschen in Not zur Verfügung gestellt. Das wissen auch die Leute, die bei uns im Falkenmarkt einkaufen. Natürlich beteiligen wir uns nun auch direkt an der ‘Netten Toilette’ – übrigens als erstes Restaurant in Falkensee. Das Angebot wird auch tatsächlich genutzt. Bei uns fragen immer wieder Besucher mit einem dringenden Bedürfnis nach, ob sie unsere Toilette verwenden dürfen. Das ist für uns selbstverständlich. Wir haben ja auch extra am Falkenhagener See eine eigene Toilette am ‘Seepavillon’ aufstellen lassen, die alle Spaziergänger mit benutzen dürfen.”
Francesco Bellomo möchte aber auch Kritik äußern: “Ich bin der Meinung, dass es eine Auflage der Stadt sein sollte, dass bei jedem neu entwickelten Gewerbequartier immer auch eine öffentliche Toilette mit errichtet werden müsste. Das sollte ein Zwang für alle Projektentwickler sein, die ein neues Center in einem Ort umsetzen. Dann würde es deutlich mehr öffentliche Toiletten geben.”
Damit die Idee von der “Netten Toilette” auch wirklich ein flächendeckendes Netz im gesamten Ort webt, braucht es noch deutlich mehr “Mitspieler”, die ihre Nasszellen-Räumlichkeiten für die Allgemeinheit zur Verfügung stellen.
Bürgermeister Heiko Müller appelliert deswegen an die Gewerbetreibenden im Ort: “Bislang beteiligen sich fünf Falkenseer Unternehmen. Gerne dürfen es natürlich noch mehr werden. Wir suchen weiterhin Partnerschaften für die ‘Nette Toilette’. Teilnehmen können Gastronomiebetriebe, Dienstleistungsunternehmen, Einrichtungen und auch Händlerinnen und Händler, die über eine gut erreichbare Kundentoilette verfügen und mindestens 35 Stunden in der Woche geöffnet haben. Bei Interesse wenden sie sich bitte an den Fachbereich Wirtschaftsförderung der Stadt Falkensee – am besten per E-Mail an wirtschaft@falkensee.de.”
Sieben Adressen für einen sorgenfreien Toilettengang – das klingt noch bescheiden. Aber der Anfang ist gemacht. Jetzt müssen sich nur weitere “Mitmacher” finden. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 201 (12/2022).
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