Kino-Filmkritik: Einfach mal was Schönes
Karoline Herfurth, 1984 in Ost-Berlin geboren, hat als Schauspielerin eine steile Karriere gemacht: Ihren Durchbruch hatte sie 2001 mit der Kinokomödie “Mädchen, Mädchen”. Karoline Herfurth gehört aber zu den kreativen Geistern, die Freude an neuen Herausforderungen haben. Wie Til Schweiger und Matthias Schweighöfer hat sie den Schritt hinter die Kamera gewagt. Als Regisseurin verantwortet sie erfolgreiche Streifen wie “SMS für Dich”, “Sweethearts” und “Wunderschön”.
Und kaum ist “Wunderschön” aus den Kinosälen verschwunden, kommt mit “Einfach mal was Schönes” bereits ihr vierter Film auf die Leinwand.
Und der neue Film bringt eine sehr interessante Geschichte aus dem wahren Leben mit. Karla (Karoline Herfurth) ist 39 Jahre alt, Radiomoderatorin einer nächtlichen Nischen-Musiksendung ohne nennenswerte Zuhörerschaft und – recht kompliziert. Was ihr fehlt, ist ein Partner. Falsch. Ein Baby soll es sein, der Vater dazu ist gar nicht so wichtig. Also plant sie bereits die künstliche Befruchtung, während sie von ihren getrennten Eltern und den beiden Schwestern für bekloppt im Kopf gehalten wird.
Ausgerechnet in dieser eh schon komplizierten Situation lernt sie den jungen Ole (Aaron Altaras) kennen, den sie sich eigentlich nur ins Bett holt, um vor der Elternschaft noch ein letztes Mal unkomplizierten Spaß zu haben. Doch das Techtelmechtel geht tiefer – und Schlussmachen ist auf einmal gar nicht mehr so einfach, wenn das Herz doch etwas ganz anderes sagt.
Die verworrene Liebesgeschichte mit Ole macht dem Zuschauer bereits sehr viel Spaß, auch wenn Karoline Herfurth einmal mehr und ganz stereotyp die verpeilte, gern einmal greinende Großstadtfrau spielt, die mit tränengefüllten, großen Augen einfach nichts auf die Reihe bekommt.
Aber das ist schnell vergessen, weil es einfach so gut zu ihr passt. Auch, weil die Nebenrollen so perfekt besetzt sind und die Beigeschichten richtig viel Spaß machen. Da gibt es die Eltern – er (Herbert Knaup) spießig und verkopft, sie (Ulrike Kriener) versoffen und bemitleidenswert. Und die Schwestern erst. Nora Tschirner legt ihren Part hart, harsch und kompromisslos an, was man von ihr so gar nicht gewöhnt ist. Ein echtes Vergnügen ist es, der wunderschönen Milena Tscharntke zuzuschauen. Sie plant eine große Hochzeit mit ihrer lesbischen Fußballer-Freundin – und gerät bereits bei den kleinsten Entscheidungen so sehr in Panik, dass nur noch die Plastiktüte vor der Gusche für Entspannung sorgen kann.
Der Zuschauer genießt den neuen Film wie ein Kammerspiel. Er wird in diese schräge, verrückte und kaputte Familie hineingesogen, erkennt in den Figuren vieles aus der eigenen Sippe wieder und fragt sich, wie sich dieses Chaos am Ende wohl noch entwirren lässt.
Karoline Herfurth gelingt es als Regisseurin sehr gut, nicht nur auf die eigene Rolle zu schauen. Stattdessen gönnt sie jedem Charakter aus dieser herrlich dysfunktionalen Familie seine Zeit vor der Kamera. Nur so kann es gelingen, dass man die ganze Familie liebgewinnt und im großen Finale – der Hochzeit der hyperventilierenden Schwester – mit ihnen allen mitfiebert und ihnen allen nur das Allerbeste wünscht.
Und auf eine Gleichberechtigung der Geschlechter kommt es in diesem Film nicht an: Die Damen stehen hier zu Recht einmal im Mittelpunkt. (CS / Bilder: Universal)
Fazit: 4 von 5 Sterne (FSK 12)
Spieldauer: 116 Minuten
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=PMbZs8aIV4Y
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 201 (12/2022).
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