Es geht um Mord: Unser Havelland präsentiert die 2. Krimi-Nacht im Autohaus Dallgow!
Mord, Totschlag, Verbrechen: Vor allem Frauen entwickeln anscheinend ein hohes Interesse daran, wie ihre Mitmenschen am besten zu Tode kommen. Das zeigte sich auch bei der 2. Krimi-Nacht im Autohaus Dallgow, literarisch zusammengestellt von “Unser Havelland”. Über 60 meist weibliche Zuhörer genossen die mordlüsternen Vorträge der eingeladenen Autoren. Passend zu vielen neuen Kurzgeschichten gab es Wein und heiße Pizza.
Dieses Format kommt an – die verfügbaren Plätze waren im Nu ausgebucht. Am 10. November luden “Unser Havelland” und das Autohaus Dallgow (www.autohaus-dallgow.de) nun bereits zum zweiten Mal zu einer besonderen Krimi-Nacht ein.
Um 18 Uhr wartete auf die Besucher, die sich im Vorfeld angemeldet hatten, eine höchst ungewöhnliche Kulisse für eine Lesung. Die Verantwortlichen hatten einen Teil der Autos aus dem Ausstellungsraum entfernt und stattdessen eine Literaturbühne mit Ohrensessel, Leselampe und professioneller Soundanlage aufgebaut. Die über 60 Krimifreunde konnten auf gemütlichen Stühlen Platz nehmen. Um den bitteren Geschmack der Furcht besser herunterspülen zu können, hatte Christian Thamm von der Tanzschule Allround eine Bar aufgebaut und schenkte Sekt und Wein aus.
In den Abend startete Veranstalter Carsten Scheibe zunächst noch ganz vergnüglich mit seiner Glosse “Neue Kollegen”. Sie präsentierte ein fiktives Interview mit der neuen Generation der Arbeitnehmer, denen viel Freizeit deutlich wichtiger erscheint als ein hohes Gehalt. Susanne Riedel, Autorin skuriller Alltagsbeobachtungen, Poetry-Slammerin aus Berlin-Steglitz und Verfasserin des Buches “Ich hab mit Ingwertee gegoogelt”, setzte noch einen drauf. Sie berichtete in “Das Perlhuhn” von einer Frau, die in einem Kurs das Basteln neu entdeckt und sich nun mit hässlichen Elaboraten bei all denjenigen rächt, die ihr selbst einst so viel Kunstschrott für die unterste Schublade geschenkt hatten: “Ab heute wird zurückgetöpfert”.
Aber das war nur der kurzweilige “Warm-upper” für den Krimi-Block. Auf besonderen Wunsch von Autohaus-Chef Jörg Seemann-Arnhölter wurde die Spandauer Autorin Astrid Ann Jabusch zur Wiederholungstäterin. Sie las noch einmal ihre humorige Geschichte vom “Enkeltrick” vor. Hierbei ging es um eine ältere Dame, die zunächst mehrere junge Gauner hochgehen lässt, die den Enkeltrick bei ihr versuchen. Bis sie auf die Idee kommt, selbst zum Telefon zu greifen – und Geld von vermeintlichen Enkeln zu ergaunern. Vor allem Dallgows Bürgermeister Sven Richter hatte viel Spaß an der Geschichte, war er doch in seiner Zeit bei der Polizei selbst für das Thema verantwortlich.
Es folgte die Berliner Autorin Claudia Giesdorf, die Thriller in Romanform schreibt, sich bislang aber noch nie an der Form der Kurzgeschichte versucht hatte. Exklusiv für die Lesung hatte sie “Die Suche” geschrieben. In dem Text schwadronierte sie über das Problem, sich den perfekten Mord für ihre Kurzgeschichte auszudenken. Nach und nach schwante dem Publikum, dass es gerade Zeuge wurde, wie die Autorin live während ihrer Lesung den Veranstalter um die Ecke brachte. Der eingangs spendierte Schnaps bekam auf einmal eine ganz besonders “giftige” Note. Die Zuhörer hatten angesichts dieser tödlichen Entwicklung wenig Mitleid mit dem armen Chefredakteur, sondern freuten sich über die ungewöhnlich interaktive Struktur der Geschichte.
Björn Götze aus Brieselang holte die Zuhörerschaft anschließend mit einer lokalen Krimiposse ab. Der degradierte Kriminalkommissar, der in “Ende der Veranstaltung” plötzlich Streife fahren muss, konnte einem tatsächlich nur Leid tun. Mitten im Niemandsland zwischen Falkensee und Brieselang geht ihm nämlich ausgerechnet ein überheblicher Stammtischkumpel in die eigentlich nur zu Übungszwecken aufgebaute Mausefalle.
In der Pause spendierte das Autohaus jede Menge Pizza, auch ein Büchertisch wurde aufgebaut, damit neu gewonnene Fans gleich ein paar Romane und Kurzgeschichtensammlungen der präsentierten Autoren einkaufen konnten.
Anschließend ging es mit dem zweiten Krimiblock weiter. Astrid Ann Jabusch sorgte für den zweiten interaktiven Moment der Krimi-Nacht. Für ihre Geschichte “Die seltsamen Verbrechen des Professor Icke” holte sie Carsten Scheibe und Björn Götze auf die Bühne. Sie sollten die Dialoge vom Kommissar und seinem Assistenten sprechen. Beide mussten nicht nur einen von zwei alten Schachteln in einem ehemaligen Puff begangenen Doppelmord aufklären, sondern zugleich auch noch schauspielerisch die Handlungsanweisungen umsetzen, die von Astrid Ann Jabusch kamen. Gerade an den Schauspielelementen hatte das Publikum sehr viel Spaß.
Richtig unheimlich wurde es anschließend bei der Geschichte “Die erste Lüge” von Claudia Giesdorf – über ein altes Herrenhaus, das irgendwie immer die junge Tochter des Hauses beschützt und am Ende sogar an einem fiesen Mord beteiligt ist.
Björn Götze schloss den Krimi-Block mit “Entführt” ab. Der Kommissar befragt hier eine Frau, die entführt wurde. Doch bevor die Befragung beendet ist, bekommt der Kommissar selbst ganz große Probleme. Die Auflösung des Falls kommt hier doch sehr überraschend um die Ecke.
Um die nervöse Spannung der Zuhörer wieder ein wenig abzubauen, holte Susanne Riedel noch einmal ihr Buch hervor. In “So siehst du aus” jammerte sie darüber, dass man ihr nie etwas Fieses zutrauen würde. Weder den Streich in der Schule noch die Syphilis beim Hautarzt.
Das Mitgefühl des Publikums war ihr sicher. Mitvorleser Carsten Scheibe war denn auch emphatisch wie selten. “Also ich würde dir ja eine Syphilis zutrauen.” Er beschloss den Abend mit einer wahren Horrorgeschichte – “Beim Zahnarzt”.
Die Zuhörerschaft zeigte sich begeistert. “Herzlichen Dank noch einmal für die wundervoll gelungene zweite Krimi-Lesung im Autohaus Dallgow” (Marion Joerß). Und: “Es war ein toller Abend mit schönen Geschichten und sehr netter Gastfreundschaft” (Simone Kramer).
Auch die Autoren freuten sich. Claudia Giesdorf: “Als Autorin bekommt man allerhand Anfragen. Interviews für Literaturblogs, Rezensionsexemplare für die Presse, Aufnahmen für Podcasts oder Lesungen aus Neuerscheinungen. Worum ich mich bisher stets gedrückt habe, sind Kurzgeschichten. Diese Art zu Schreiben liegt mir einfach nicht, weil es voraussetzt, auf wenige Seiten reduziert und pointiert zu arbeiten. Die meisten akzeptieren meine Absage zu solchen Projekten. Bis auf Carsten Scheibe. Nach zahlreichen (verzweifelten) Versuchen, eine Geschichte zu basteln, beschloss ich, das Publikum bei der Entstehung meines Textes live mitzunehmen und natürlich auch ein bisschen fies zu sein, schließlich bin ich ja Thrillerautorin. Je öfter ich den Abend Revue passieren lasse, desto klarer wird mir, dass Kurzgeschichten ein Gesamtkonzept sind. Wenn das Ambiente stimmt, wenn der Veranstalter, das Konzept und das Publikum perfekt sind, wenn man sich von Anfang an gut aufgehoben fühlt, füllen sich auch wenige Seiten wie von selbst. Daher kann ich nur sagen: Danke an Carsten Scheibe für die Beharrlichkeit und danke an das Autohaus Dallgow für die tolle Location und das perfekte Drumherum!”
Und Susanne Riedel sagte: “Eine Lesung – im Autohaus? Würde das funktionieren? Und wie würde ich da mit meinen schnodderigen Geschichten reinpassen? Und dann das: Volle Hütte, 60 freundliche, neugierige Menschen im Publikum, ein launiger Herr am Sektausschank und ein Veranstalter, der den ganzen Abend über strahlte. Zurecht! Denn die drei Krimiautoren gaben alles und fesselten uns mit ihren Geschichten und Dialogen. Wir lernten allerlei Nützliches über Giftmorde und dass, wenn es drauf ankommt, der Oma-Trick dem Enkel-Trick in nichts nachsteht. Die eher heiteren Geschichten, mit denen Carsten Scheibe und ich das Programm einrahmten, passten bestens ins Programm, umso mehr als ja auch Themen wie Zahnarztbesuch, Muttertag und Älterwerden nicht immer frei von Grusel sind. Im Anschluss wurden bei Sekt und Pizza Geschichten ausgetauscht, Bücher signiert und Autos besichtigt. Das schönste Kompliment, das ich bekam: Ich traue Dir jederzeit eine Syphilis zu! Das hört man doch gern.”
Am Ende blieben die Besucher noch lange vor Ort, kauften den Büchertisch leer und ließen sich vom Autohaus den neuen VW ID Buzz zeigen, der an diesem Abend seine Premiere feierte und enthüllt wurde.
Die am Abend eingenommenen Spenden in Höhe von 270 Euro wurden von der Berliner Volksbank verdoppelt. Jörg Seemann-Arnhölter: “Das Geld geht an die Falkenseer Lessing-Grundschule zum Ausbau des Schulhofs.” (Text/Fotos:CS / Fotos von Carsten Scheibe: Jörg Seemann-Arnhölter)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 201 (12/2022).
Seitenabrufe seit 15.11.2022:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige