Kino-Filmkritik: The Menu

In jeder Großstadt auf dem Planeten gibt es das eine oder andere Sterne-Restaurant, das eine so exquisite Küche bietet, dass die Gäste ehrfürchtig erschaudern und jedes Schäumchen und jedes Pülverchen atemlos auf der Zungenspitze verkosten. Der Film “The Menu” treibt dieses kulinarische Erleben auf die Spitze. Der berühmte Koch Slowik (Ralph Fiennes) hat sich auf eine einsame Insel zurückgezogen, um hier an seinem absolut perfekten Menü zu arbeiten.
Über tausend Dollar sind zu bezahlen, um sich bei ihm einen Platz zu sichern.
Seth Reiss und Will Tracy haben mit “The Menu” ein einzigartiges und ganz besonders fieses Drehbuch geschrieben, das Mark Mylod als Regisseur in seinem allerersten Kinofilm nahezu perfekt umgesetzt hat. Mark Mylod hat sich vorher als Regisseur für Serien wie “Game of Thrones” einen Namen gemacht.
Und so weiß der Zuschauer zunächst nicht, wo die Reise in diesem Film wohl hingehen mag. Auf jeden Fall wird ihm ein Kammerspiel präsentiert, das mit nur einer Handvoll Personen im kleinen Raum des Restaurants veranstaltet wird. An den Tischen sitzen eine Restaurantkritikerin, ein angesagter Schauspieler, das gealterte Ehepaar mit Geld und ein paar junge Empörkömmlinge, die sich einmal so richtig ordentlich auf Spesen durchfuttern wollen. Auffällig ist der junge Tyler (Nicholas Hoult), der sehr aufdringlich dem Koch huldigt und jeden Gang mit dem Handy fotografiert, obwohl das verboten ist. Seine Begleitung ist die widerspenstige Margot (Anya Taylor-Joy aus “Das Damengambit”), die ihre Geschmacksknospen noch rasch mit einer Zigarette betäubt, obwohl der Chefkoch bereits mahnt: “Nicht essen, sondern schmecken!“
Der Film funktioniert auf mehreren Ebenen sehr gut. So bietet er zunächst eine perfekte Analyse der typischen Gäste der Sterneküche, die dem Essen schon längst nicht mehr die gebührende Aufmerksamkeit schenken, sondern nur deswegen zum Menü erscheinen, weil es ihrem gesellschaftlichen Rang entspricht. Und dann ist da dieser Koch, der dem Film nach und nach eine Wendung in eine äußerst beklemmende Richtung gibt. Denn Slowik kennt keinen Humor, sondern nur die absolute tödliche Hingabe an seine Küche. Er arbeitet daran, das absolut perfekte Menü zu präsentieren.
Wenn Slowik in die Hände klatscht und auf einmal die gesamte Küchencrew strammsteht und laut brüllt “Ja, Chef”, dann ist das ein größerer Schockeffekt als in so manch einem modernen Horrorfilm. Auch der Zuschauer im Kino schreckt zusammen – und fühlt mit den Gästen im isolierten Restaurant mit, die nach und nach feststellen, dass sie nicht zufällig bei diesem ganz besonderen Menü-Abend mit dabei sind.
Langsam dämmert auch dem Zuschauer, dass dieser Abend im Restaurant ein ganz besonderer sein wird. Denn welche Bedingungen stellt der manisch und leicht irre wirkende Koch an das wirklich perfekte Menü? Gemeinsam mit den langsam nervös werdenden Gästen fragt man sich: Ist das noch Show? Ist das wirklich echt? Und: Müssen wir alle sterben?
Das moderne Hollywood gibt häufig viele Millionen Dollar für satte Action-Szenen aus dem Computer aus. Dafür bleiben keine zehn Cent mehr für ein ordentliches Drehbuch übrig. Hier sieht man, wie unfassbar gut ein Film sein kann, wenn die Schauspieler ein gutes Drehbuch in die Hand gedrückt bekommen. Sensationell ist das! Diesen Film MUSS man sehen! Für mich einer der besten Filme der letzten Jahre. (CS / Bilder: Walt Disney Studios Motion Pictures Germany)
Fazit: 5 von 5 Sterne (FSK 16)
Spieldauer: 108 Minuten
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=24t4hqO9GfY
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 201 (12/2022).
Seitenabrufe seit 14.11.2022:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige
