Auf die Zwölf: Spandaus Boxerin Nina Meinke kommt nach Falkensee!
Schon ganz früh wusste Nina Meinke (29) aus Spandau, dass Boxen einmal ihr Sport wird. Nach einigen spektakulären Kämpfen gilt sie als gesetzte Größe im weiblichen Boxsport: Ausstrahlung, Talent und Promifaktor sind durchaus vorhanden. Die Patentochter von Boxerikone Sven Ottke bereitet sich zurzeit auf die zweite “Internationale Profiboxgala Falkensee” vor, die für den 8. Oktober in der Stadthalle angesetzt ist.
Nina Meinke wurde in Reinickendorf geboren, kam aber bereits mit sechs Jahren nach Spandau. Hier wohnt sie noch immer in der unmittelbaren Nähe vom Hahneberg. Sie sagt: “In Spandau ist mein Herz, ich fühle mich durch und durch als Spandauerin. Wenn ich sage, ich fahre in die Stadt, dann meine ich natürlich die Spandauer Altstadt. Auch weil mein Stiefpapa dort im ‘Isola Verde’ die beste Minipizza der Welt zum Mitnehmen macht.”
Schon ganz früh interessierte sich Nina für den Boxsport – und bekam mit sieben Jahren ihren ersten Boxsack. Kein Wunder: Boxer Sven Ottke ist ihr Patenonkel: “Ich war bei vielen seiner Kämpfe. Als er Weltmeister der IBF wurde, hat mich das extrem geprägt. Da habe ich mir gesagt, das will ich auch.”
Als sie mit 12 Jahren in einen Boxverein eintreten möchte, sind die Eltern erst dagegen. Die Tochter droht: “Dann mache ich das eben heimlich”. Also besucht sie doch mit Erlaubnis den Spandauer Boxclub 1926 und absolviert hier ihre ersten Trainingseinheiten. Nina Meinke: “Danach haben mir so die Hände gezittert, ich konnte kein Glas Wasser mehr halten.”
Auch wenn sich die junge Spandauerin im Reiten, in der Leichtathletik, beim Tennis und sogar zwei Jahre beim Fußball versucht: Boxen bleibt die Leidenschaft Nummer eins. Nina Meinke: “Der Kampfsport lehrt einen auch für das ganze Leben sehr viel. Man lernt sehr viel Diziplin, um ein sich einmal gestecktes Ziel wirklich zu erreichen. Und es gibt nicht immer nur Siege. Man verliert auch. Ich persönlich habe aus verlorenen Kämpfen immer mehr gelernt als aus gewonnenen. Ich habe in meiner Laufbahn viele Ups und Downs gehabt. Daraus habe ich gelernt: Der Körper kann noch so fit sein, es kommt immer auch auf den Kopf an. Und den rückt einen zur Not das Team wieder zurecht. Das Gewinnen ist deswegen immer eine Teamangelegenheit.”
Klar ist der Boxerin, dass sie außerhalb des Boxrings eine Verantwortung hat: “Boxen ist für mich wie eine Kunst. Meine Fäuste sind aber auch meine Waffen. Mir ist klar, dass ich sie außerhalb des Gyms nicht benutzen darf. Das war zum Glück noch nie nötig. Ich bin eine Frohnatur und verbreite gern gute Laune. In meiner Freizeit ist eher mein Mundwerk meine größte Waffe: Es steht einfach niemals still.”
Nina Meinke (www.southpaw.berlin) hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Sie ist mehrfache Berliner Meisterin im Federgewicht bis 57 Kilo, drei Mal deutsche Vizemeisterin und einmal auch deutsche Meisterin. 2014 nahm sie noch als Amateur bei der Weltmeisterschaft in Südkorea teil. 2016 wechselte sie zu den Profis. Christian Meinke ist seitdem nicht nur ihr Vater, sondern auch ihr Manager. Dafür wurde die Firma “SouthPaw Boxmanagement UG” gegründet. “SouthPaw” bedeutet “Rechtsausleger” – und das ist Nina Meinke als Linkshänderin beim Boxen.
Nina Meinke: “Leider sind die Zeiten vorbei, in denen man als Boxprofi von seinem Sport leben kann. In Corona-Zeiten stand mitunter nur ein Kampf pro Jahr im Terminkalender. Für uns Frauen ist es besonders schwer. Überall wird gegendert und man hängt ein -innen an alles hinten dran. Aber das gleiche Geld wie die Männer bekommen wir trotzdem nicht.”
2015 bricht sich die Boxerin die Hand. Sie hörte mit dem Sport auf und ging nach England, um hier ihr Abi zu machen und Katalysatoren für einen Schrotthändler anzukaufen: “Dort habe ich ganz langsam wieder mit dem Box-Training angefangen und gemerkt: Ohne Boxen kann ich nicht. Ich habe meinem Chef die Kündigung auf den Tisch gelegt und gesagt: Sorry, ich muss zurück nach Berlin, ich wollte doch immer Box-Weltmeisterin werden.”
Das Comeback gelang. 2017 bekam Nina Meinke den ersten großen sportiven Ritterschlag. Sie durfte im Londoner Wembley-Stadion einen Vorkampf bestreiten und zwar ausgerechnet bei dem historischen Fight Anthony Joshua gegen Wladimir Klitschko, bei dem Klitschko überraschend verlor. Vor 45.000 Zuschauern traf sie hier auf die irische Boxikone Katie Taylor. Keine andere Frau traute es sich zu, gegen Katie Taylor zu boxen, Nina Meinke schon. Sie verlor allerdings: “Ich bekam zwei blöde Kopfstöße ab und hatte deswegen einen Cut über dem Auge. Mein Auge war komplett zugeschwollen.”
Im aktuellen Jahr konnte die deutsche Europameisterin erstmals nach der Weltmeister-Krone im Federgewicht greifen. Im Frederiksborg Centret in Kopenhagen trat sie im April gegen die dänische Titelträgerin Sarah Mahfoud an. Nina Meinke überzeugte ihre Fans im Boxring. Nach zehn Runden urteilten die Punktrichter aber einstimmig (97-93, 97-93, 96-94) für die Dänin. Für Nina Meinke eine Riesenenttäuschung: “Das war ein knappes Ding. Sarah hatte Heimvorteil. Vielleicht wäre dieser Kampf anders ausgegangen, wenn er in Deutschland stattgefunden hätte.”
Nach 15 Profikämpfen mit drei Niederlagen geht es für die Spandauerin nun nach Falkensee. Am 8. Oktober findet die zweite “Internationale Profiboxgala” in der Stadthalle statt. K.B.P. (Kuc Boxing Promotion) stellt für diesen Abend eine Fightcard mit mehreren Kämpfen zusammen.
Nina Meinke: “Ich freue mich sehr auf Falkensee. Ich bin für meine Kämpfe meistens in Magdeburg, Dessau oder Hamburg unterwegs. Das ist weit weg. Es ist viel schöner, wenn man in seiner Nachbarschaft boxt, das motiviert mich extra. Meine Gegnerin wird Stand heute die Polin Karina Szmalenberg sein. Sie wird mich sehr fordern, sie hat schon über 50 Profikämpfe absolviert und ist sehr erfahren.”
Was tut nach so einem Boxkampf eigentlich am meisten weh? Meinke: “Wenn ich verliere, mein Herz. Ansonsten fühlt man sich am nächsten Tag immer, als wäre man von einem Auto überfahren worden. Manchmal denkt man direkt nach dem Kampf, man hat gar nichts abbekommen. Aber am nächsten Tag kommt trotzdem der Muskelkater, dann ist der ganze Körper steinhart. Schlimmer sind aber die Minuten vor einem Kampf. Die Zeit zieht sich wie Kaugummi, man sitzt wie auf Kohlen und ist ganz doll aufgeregt.”
Für ihren Falkenseer Kampf trainiert Nina Meinke (www.instagram.com/ninathebrave/) übrigens nicht mehr wie früher in Spandau, sondern inzwischen im Prenzlauer Berg und auch im neuen Gym “INDIVSPORTS” in Berlin-Steglitz. Das “INDIVSPORTS” (www.indivsports.com) wird von ihrem Sportmediziner (und inzwischen auch Lebensgefährten) Philipp Micevski betrieben. Meinke: “In Steglitz biete ich selbst ein Personal Training an, um Geld zu verdienen.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 199 (10/2022).
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