Rollende Kugeln: Unser Havelland lud ein zum 5. Pétanque-Turnier im Kreativ-Verein!
Einmal im Jahr verwandelt sich das Dorf von Schönwalde-Glien in eine Außenenklave Frankreichs. Dann laden “Unser Havelland” und der Kreativ-Verein zum urgemütlichen Pétanque-Turnier ein. Zur fünften Neuauflage bei Regen und Sonnenschein hatten sich am 2. Oktober 14 Teams eingefunden.
Sie ließen die schweren Metallkugeln durch die Luft fliegen, um einen möglichst nahen Kontakt zum “Schweinchen” zu suchen.
Rund um das Haus vom Kreativ-Verein und der Theater-Scheune in Schönwalde-Glien Ortsteil Dorf finden sich fünf professionell angelegte Boule-Bahnen, wie sie auch in Frankreich existieren könnten – dem Heimatland des beliebten Kugelspiels.
So eine Boule-Bahn ist 15 Meter lang und wahlweise mit festgeklopftem Sand oder mit Schotter belegt. Zwei Mannschaften treten hier gegeneinander an. Für das fünfte Pétanque-Turnier von “Unser Havelland” hatten sich in diesem Jahr 14 Teams angemeldet. Da niemand zu dritt angereist kam, sondern alle Teams zu zweit spielten, bekam jeder Spieler drei Kugeln in die Hand gedrückt.
Reinhold Ehl, der vor Ort jeden Sonntag mit seiner eigenen Pétanque-Truppe die Kugeln fliegen lässt, erklärte am 2. Oktober noch einmal genau, wie gespielt wird: “Eine Mannschaft wirft das kleine hölzerne Schweinchen auf die Bahn – wenigstens sechs Meter weit. Anschließend wird die erste silberne Metallkugel geworfen und zwar möglichst nahe an das Schweinchen heran. Danach ist zwingend der Gegner an der Reihe. Er muss solange werfen, bis eine eigene Kugel näher am Schweinchen landet. Dann muss wieder gewechselt werden. Punkte gibt es am Ende für alle eigenen Kugeln, die nahe am Schweinchen liegen, ohne dass eine Kugel des Gegners diese Reihe unterbricht.”
Das bedeutet, dass eine Mannschaft in einer Runde (auch “Aufnahme” genannt) theoretisch bis zu sechs Punkte machen könnte, also einen Punkt pro Kugel. Im Turnier zeigte sich aber einmal mehr, dass pro Aufnahme oft nur ein, zwei Punkte erreicht werden. Bei 13 erreichten Punkten gilt ein Spiel als gewonnen.
Für das diesjährige Turnier hatten sich viele Wiederholungstäter angemeldet, darunter auch die Vorjahressieger Nicolas und Alexandra Livet und die Vorvorjahressieger Ann-Kristin und Erik Ebeling (sie aber in getrennten Teams). Es konnten aber auch echte Novizen unter den Teilnehmern ausgemacht werden. Ulrike Koser und Heike Schenk fragten sich bestimmt erst einmal: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Boule und Pétanque?
Reinhold Ehl: “Boule ist der Oberbegriff, Pétanque eine Variante. Der Name kommt aus dem Französischen. ‘pieds tanqués’ heißt übersetzt ‘geschlossene Füsse’. Beim Pétanque steht man beim Werfen der Kugeln in einem geschlossenen Kreis.”
Reinhold Ehl hatte die Teams in zwei Gruppen aufgeteilt. Da gab es wie immer die „Säugetiere“ und die „Vögel“. In der Gruppenphase spielten zunächst einmal alle Mannschaften in der Gruppe gegeneinander. Für einen Sieg gab es drei Punkte. Hatte die gegnerische Mannschaft aber bereits zweistellig gepunktet, gab es nur noch zwei Punkte – und die unterlegene Mannschaft bekam ebenfalls noch einen Punkt. Einen Achtungspunkt.
Reinhold Ehl verwies erstmals in den fünf Jahren Pétanque-Sport auf einen tönernen “Arsch mit Ohren”, der an einem Nagel an der Schuppenwand hing: “Wer ein Spiel zu Null verliert, muss ihm leider ein Küsschen geben. In Frankreich ist das ein berühmtes Ritual. Da heißt es, man muss Fannys Po küssen.”
Der Wettergott zeigte sich am 2. Oktober durchaus wankelmütig. Erst war es kalt und feucht, dann gab es fünf Minuten lang einen echten Starkregen, anschließend schaute die Sonne hervor. Die Pétanque-Spieler ließen sich vom Regen nicht abbringen – und wurden von Karla Ehl in der Zwischenzeit mit Leberkäse und Sauerkraut, Schmalzstullen, Zucchini-Suppe und Hühnerteilen aus dem Ofen verköstigt.
So gestärkt ging es auf dem Platz wieder ordentlich zur Sache. Die kundigen Schiedsrichter mussten oft genug das Maßband zücken, um herauszufinden, welche Kugel wohl näher am Schweinchen liegt. Am Ende wurden die “Panther” (Ingo Kurda und René Wehlandt) mit sieben Punkten und drei gewonnenen Spielen Gruppenerster bei den “Säugetieren”. Bei den “Vögeln” holten sich die “Geier” (Dietmar Fechner und Knut Trapp) mit acht Punkten und ebenfalls drei Siegen die Pole Position.
Nur die besten vier Teams kamen in die Play-Offs, für alle anderen war der Boule-Event vorbei. Ann-Kristin-Ebeling von den “Tigern” (zusammen mit Sandra Kollerer) beschwerte sich lautstark: “Wie können wir denn mit zwei Siegen aus dem Turnier fliegen, während die ‘Wölfe’ mit nur einem Sieg weiterkommen? Das ist Schiebung.”
Nun, die “Tiger” hatten jeweils knapp gewonnen und dafür nur zwei Punkte pro Sieg erhalten. Das ergab zusammen vier Punkte. Die “Wölfe” (Kristina und Carsten Scheibe) hatten einmal mit drei Punkten gewonnen und dann zweimal denkbar knapp mit 12:13 verloren. Dafür gab es immerhin auch noch einen Punkt. So standen am Ende fünf Zähler auf der Agenda. Das reichte für Platz 4 – und fürs Weiterkommen.
Im Viertelfinale schickten die “Kraniche” (Katja Klostermann und Günther Mikolajewski) die “Panther” mit 13:11 nach Hause. Die “Wölfe” siegten mit 13:12 über die “Geier”. Die Eisbären (Erik und Vincent Ebeling) machten die Möwen (Joachim Bammes und Peter Hölterhoff) mit 13:0 platt. Und die “Löwen” (Jan und Tim Kollerer) siegten mit 13:5 über die “Falken” (Jörg und Birgit Springer).
Joachim Bammes meldete sich nach der Runde freiwillig: “Entschuldigung, ich muss leider den Arsch mit Ohren küssen”. Stimmte ja, Reinhold Ehl hatte ja gesagt, was droht, wenn eine Mannschaft zu Null verliert. Ehrenhaft bekam der tönerne Popo ein Küsschen.
Im Halbfinale ging es spannend weiter. Die “Eisbären” gewannen mit 13:4 gegen die “Kraniche” und die “Wölfe” machten die “Löwen” mit 13:5 platt.
Im Finale spielten also Kristina und Carsten Scheibe gegen Erik und Vincent Ebeling – die sie im allerersten Match des Tages schon einmal knapp besiegt hatten. Nach einem nervenzerreibenden Spiel mit Wunderwürfen der Kugeln auf beiden Seiten holten sich die Scheibes am Ende den Sieg mit 13:10 Punkten. Kristina Scheibe: “Es ist mir unerklärlich, wie wir das Turnier gewonnen haben, nachdem wir die letzten vier Jahre gescheitert sind. Es ist einfach passiert. Natürlich ist es schön, dass nicht immer die gleichen Teams gewinnen. Wir freuen uns auf jeden Fall mächtig.”
Das Spiel um Platz 3 konnten Jan und Tim Kollerer für sich entscheiden. Sie schickten somit Katja Klostermann und Günther Mikolajewski ohne Pokal nach Hause.
Nach vielen Stunden Pétanque hieß es am Ende wieder von vielen Seiten: “Na wartet, im nächsten Jahr greifen wir wieder an und dann holen wir uns den Pokal.” (Text:CS / Fotos: CS+ Ann-Kristin Ebeling)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 200 (11/2022).
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