Mach dich nackig in der “Ladies night”: Die Schlossfestspiele Ribbeck gehen in die neunte Runde!
Die Schauspieler der “Ribbecker Schlossfestspiele” hat man in den letzten Jahren nur in historischen Kostümen gesehen. In diesem Jahr muss sich der Zuschauer umgewöhnen. Ihre Lieblings-Schauspieler tragen ab sofort englischen Straßenzwirn, weißen Unterhosen-Feinripp oder überhaupt keinen Faden Stoff mehr am Leib. In der Komödie “Ladies night – Ganz oder gar nicht” verwandeln sie sich nämlich in ziemlich minderbegabte Stripper. Und das sehr zur Freude vor allem der weiblichen Zuschauer.
Die vier Freunde Craig (Jonas Broxtermann), Norman (Maximilian Wrede), Barry (Lucas Weißbach) und Wesley (Maik M. Hahnenfeldt) eint ein gemeinsames Schicksal. Sie leben in einer englischen Industriestadt und sie haben keinen Job, nur Schulden und kein Talent – und müssen immer wieder die arme Glenda (Rebecca Lara Müller) anpumpen, wenn es darum geht, ein neues Sixpack Bier vom Späti zu holen.
Ein Zeitungsartikel bringt neue Hoffnung in das trübe Leben der trüben Tassen. Eine professionelle Männer-Striptease-Show kommt nämlich in den Ort. Die Jungs staunen: Frauen bezahlen Geld dafür, dass sich diese “Sonnenbank-Brathähnchen mit Tribals am Hals” vor ihnen nackig machen? Na, das können doch unsere Vorstadt-Adonisse auch. Sie haben zwar keine Muckis, keine Ausdauer, keine Choreografie und erst recht keine coolen Kostüme, dafür aber den blanken Mut der Verzweiflung. Schließlich schickt der garstige Igor schon seine Schlägertruppen los, um nicht bezahlte Schulden einzutreiben.
Die Alternative sieht auch recht übel aus. Craig: “Die suchen starke Männer für den BER – aber neh, das machen wir nicht.”
Und überhaupt, so toll seien die Profi-Stripper ja auch nicht: “Da waren schon ein paar Brillenschlangen und Schiefzähne mit dabei. Und trotzdem rasten die Mädels aus.”
Die Jungs machen sich also bereit, um die “weibliche Librido” mit all ihren “Misterereien” zu erforschen, sprich: “Wir müssen rausfinden, was Frauen wollen.” Oder noch klarer formuliert: “Wollt ihr strippen oder stempeln?”
Die Zuschauer und vor allem die Frauen im Publikum mitten im Garten von Schloss Ribbeck waren bei der Premiere am 8. Juli 2022 nur allzu bereit dazu, den Strippern in spe bei ihren Bemühungen über die Schulter zu schauen. Dabei fiel sehr schnell die erste Hose, um echte Liebestöter aus weißem Feinripp zu präsentieren.
Das Stück selbst brillierte mit zahllosen frivolen Sprüchen, viel nackter Haut und jeder Menge verbalem Sex. Zu viel Schockelemente für das Ribbecker Publikum? Mitnichten. Schlossermeister Heinz Ziesecke aus Falkensee war mit großem Gefolge vor Ort: “Schloss Ribbeck ist unser zweites Wohnzimmer, wir sind ganz oft hier, etwa zu Konzerten oder zu Buchlesungen. Die Schlossfestspiele haben wir auch schon mehrfach besucht, etwa bei ‘Effi Briest’. Das neue Stück ist sehr lustig – und es ist auch nicht zu versaut. Das machen sie schon sehr schön.”
Das fand auch Dina Liesegang aus Falkensee: “Ich kenne den Film und finde gut, dass sich das Theaterstück nicht so sehr an die Vorlage klammert. Es ist sehr modern gehalten und baut auch immer wieder regionale Bezüge mit ein. Zu anzüglich ist das Stück nicht. Ein bisschen Fremdschämen ist ja auch sehr lustig. Wir sind zum allerersten Mal bei den Ribbecker Schlossfestspielen. Wir haben den Schwiegervater mitgebracht. Wenn er im Theater nicht wegdämmert, dann ist das immer ein echtes Qualitätsmerkmal.”
Regisseur Claus Stahnke freute sich. Er hatte für seine “Schlossfestspiele Ribbeck” (www.schlossfestspiele-ribbeck.de) neben “Effi Briest” und “Romeo und Julia” zuletzt “Die drei Musketiere” und “Robin Hood” vor Ort aufgeführt. Dieses Mal durfte der Regisseur sogar selbst mitspielen – als Macho-Inhaber einer Bar, in der die vier Stripper das allererste Mal auftreten dürfen.
Claus Stahnke: “Der Film, auf dem unser Stück beruht, ist stellenweise langweilig. Wir haben viel gekürzt und das Theaterstück viel schneller gemacht. Viele Einfälle und Sprüche kamen direkt von den Jungs selbst, das hat viel Spaß gemacht. Meine Stammtruppe habe ich ja, in diesem Sommer sind Maik M. Hahnenfeldt und Rebecca Lara Müller neu hinzugekommen. Ich habe meinen Schauspielern am Anfang versprochen, dass wir alles ästhetisch und sauber halten. Die haben mir da einfach vertraut. Wir sind aber auch der Meinung, dass sich die Frauen im Publikum ruhig etwas Männer-Striptease gönnen dürfen. Aber natürlich haben auch die Männer ihren Spaß. Am 9. Mai haben wir mit den Proben begonnen. Wir treten nun mehrmals in Ribbeck auf und gehen danach den Sommer über auf Tournee. Unter anderem treten wir auf der Freilichtbühne an der Zitadelle Spandau, auf der Burg Friedland, im Jagdschloss Grunewald und in Binz auf der Insel Rügen auf.”
Die Zuschauer fragten sich derweil im Stück: Wie weit werden die Stripper wohl gehen? Ziehen sie wirklich komplett blank?
Zunächst wartete auf die Figuren auf der Bühne aber nur der blanke Frust: Der geliebte Bass durfte nicht zur AC/DC-Nummer mit auf die Bühne, der Schnurrbart sollte ab, die Kirchennummer musste raus und überhaupt sind die Frauen im Publikum ja wie wilde Hyänen, die keine Hemmungen mehr kennen. Wie soll man die nur auf Abstand halten?
Die Dinge wandten sich erst zum Guten, als die Jungs auf ihre Freundin Glenda hörten. Sie machte die Stripper fit, brachte ihnen eine Choreografie bei, steckte sie in eine Polizeiuniform und jagte sie auf die Bühne. So kamen die Premienzuschauer in Ribbeck tatsächlich doch noch zu einer waschechten Striptease-Show nach allen Regeln der Kunst. Wer will da noch die Chippendales sehen? (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 197 (8/2022).
Seitenabrufe seit 10.07.2022:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige