„Miss Sophies Erbe“: Das „Theater in der Scheune“ aus Schönwalde-Glien lädt zum ersten großen Stück nach Corona!

Aus und vorbei ist es mit der „Same procedure as every year“: Miss Sophie hat am Ende selbst ins Gras gebissen und kann nun keine virtuellen Trinkgelage mehr abhalten. Erblassverwalter Ross lädt die Hinterbliebenen von Miss Sophies nur allzu gut bekannten Männerbekanntschaften zur Testamentsverkündung ein. Auf dem Ansitz Kübelstein von Admiral Schneider kommt es zu erstaunlichen Offenbarungen – und der Ton ist dabei dem hochherrschaftlichen Thema nicht immer angemessen.
Endlich gibt es wieder das „Theater in der Scheune“, aufgeführt vom Schönwalder Kreativ-Verein. Reinhold Ehl, der die Regie in diesem Jahr an seine Frau Karla abgeben musste, um sich ganz auf seine schrille Rolle konzentrieren zu können: „Wir haben noch bis Ende April nur rein virtuell geprobt – per Videokonferenz. Vor unserer Premiere am 18. Juni haben wir vielleicht zwei, drei Mal richtig auf der Bühne proben können.“
Von etwaigen Anlaufproblemen nach Corona war bei der Premiere aber rein gar nichts zu bemerken. Das Publikum kam aus dem Lachen nicht mehr heraus. Das lag freilich auch daran, dass das Stück von Andreas Wening ein echter Schenkelklopfer ist.
Viele Jahre lang hat die adelige Miss Sophie ihren Männerbekanntschaften hinterhergetrauert. So sehr, dass ihr Butler die verstorbenen Herren bei jedem Galaessen vertreten und imitieren musste – um anschließend im Schlafzimmer der britischen Lady einen zusätzlichen Stellvertreterdienst anzutreten.
Nun ist die Lady verstorben und der Notar Dr. Harry Ross (Wolfgang Sellenthin) möchte gern das Testament verlesen. Die Aussicht auf Geld lockt eine sehr schräge Mischpoke an. Die liebeslüsterne Sängerin Ludmilla Stroganoff (Petra Radlmaier-Brenneisen) ist die Tochter von Admiral Schneider. Richard (Ralf Herbrich) ist der spielsüchtige Sohn von Mister Pommeroy. Siegfried Roy Toby (Reinhold Ehl) zeigt sich als schriller Modemacher, der dem eigenen Geschlecht sehr zugetan ist und in einem besonderen Verhältnis zu Sir Toby stand. Und dann ist da auch noch die nach einem Berufswechsel von der Striptease-Tänzerin zur Krankenschwester mutierte Gilla Winterbottom (Beate Rintel-Sellenthin), die sich um den an den Rollstuhl gefesselten Sohn vor Mister Winterbottom (Philipp Anker) kümmert.
In drei Akten ging es auf der Bühne ordentlich zur Sache. Neben zahllosen schlüpfrig-erotischen Andeutungen machten vor allem die erfinderischen Beschimpfungen dem zur Premiere etwa 80 Zuschauer starkem Publikum sehr viel Spaß. Wenn sich die ziemlich durchgeknallten Erben gegenseitig als Plüschkugel, geschminkte Weichwurst, seniles Fischstäbchen oder als hysterische Küchenschabe bezeichnen, ist das schon sehr amüsant. Die fiesesten Sprüche darf dabei Gundula von Knorpsheim alias „Knorpel“ (Britta Franke-Schütte) aufsagen. Und Butler Paul (Renate Weilmann) muss ordentlich einstecken. Ebenso wie Köchin Marlies (Angela Wachowiak), deren Gulaschsuppe als „Proletenplörre aus der Dose“ bezeichnet wird.
Aber auch inhaltlich geht es zur Sache, wenn vermeintlich Tote mit dem Elektroaggregat aus dem Rasenmäher neu belebt werden, nächtliche erotische Übergriffe am Katheter enden und die Krankenschwester immer wieder betont, ihren „noch warmen Verwesungsanwärter“ nur aus reinster Liebe geheiratet zu haben.
„Miss Sophies Erbe“, vom im Jahr 2005 gegründeten Theater (www.theater-in-der-scheune.de) ein wenig umgeschrieben und von acht Personen auf 13 erweitert, reiht sich als amüsante Schrulle zum hemmungslosen Giggeln jedenfalls perfekt ein in die Reihe der zuletzt aufgeführten Stücke wie „Admiral A.D.“ und „Die Insel.“
Zu den Zuschauern der Premiere gehörte auch Landrat Roger Lewandowski. Er sagte in der Pause: „Ein schönes Stück, wir haben viel gelacht. Wir sind sehr gespannt auf die Auflösung. Ich kenne das Theater schon, ich habe hier bereits ‚Der Geist im Rathaus‘ gesehen.“
Das Stück wird noch bis zum 22. Oktober aufgeführt. Karten lassen sich online reservieren. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 196 (7/2022).
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