10. Bredower Teichfest mit großem Mittelaltermarkt – und Wasserguillotine!
Zu einer echten Zeitreise in die Vergangenheit lud der Verein „Bredow im Havelland“ am Wochenende des 11. und 12. Juni ein. Direkt am Bredower Teich gab es ein großes Mittelalterfest. An die 2.000 Besucher ließen sich vom 10. „Bredower Teichfest“ anlocken. Sie ließen sich die Karten legen, durften an der Schmiede Münzen prägen, lauschten den Barden und sahen dem mittelalterlichen Medikus bei seiner Arbeit zu. Zwischen klirrendem Schwertkampf und feuchtfröhlicher Wasserguillotine gab es vieles zu entdecken.
Sechs Taler Eintritt kostete der Spaß, der einmal so ganz anders war als alle Feste, die sonst im Havelland gefeiert werden.
Seit dem Jahr 2011 lädt der kleine Heimatverein „Bredow im Havelland e.V.“ (www.bredow-dasdorf.de) regelmäßig im Sommer zu seinem „Bredower Teichfest“ ein. Das überzeugte bislang u.a. mit einer zünftigen Neptunstaufe, die für ahnungslose Besucher im feuchten Wasser endete.
Im letzten Jahr musste das urige und etwas schräge Teichfest leider wegen Corona ausfallen. So konnte die zehnte Neuauflage der Festivität erst in diesem Jahr richtig gefeiert werden. Jürgen Forchert: „Wir vom Verein sind die Veranstalter des Festes. Zur zehnten Wiederholung haben wir uns aber professionelle Hilfe an Bord geholt. Lutz Lehmann von der Veranstaltungsagentur ‚Heiterhaufen‘ ist spezialisiert auf die Organisation von Mittelalterfesten. Er hat uns 25 Aussteller mitgebracht. Herausgekommen ist ein tolles Mittelalterspektakel samt Taverne, Ritterlager, vielen Verkaufsständen und einem abwechslungsreichen Mitmachprogramm. Das Mittelalterliche hat übrigens Tradition bei uns. Wir haben bereits zur 800-Jahr-Feier von Bredow ein Mittelalterfest organisiert. Das kam so gut an, dass wir das Thema noch einmal aufgegriffen haben.“
Vor allem für die Kinder war das zehnte Teichfest ein ganz, ganz großes Abenteuer. Sie konnten sich beim Bogenschießen und beim Axtwerfen beweisen, im Schmiedefeuer eigene Münzen prägen, Papier schöpfen und Perlenketten auffädeln, sich schminken lassen, die „Filzerey“ ausprobieren, Kerzen ziehen oder beim Kinder-Ritterturnier mitmachen. An den zahlreichen Ständen, die das mittelalterliche Lager säumten, durften sie aber auch Pfeil und Bogen, Holzschwerter, Schilde und viele andere Utensilien passend zum Mittelalter-Thema einkaufen. Da wird so manches Elternteil sicherlich ein paar Taler beim Händler hingeblättert haben.
Auch auf die Eltern wartete so manche historische Belustigung. Lutz Lehmann selbst stellte sich als reisender Mediziner vor, der passend zum Programmpunkt „Der Medikus quält das Volk“ ahnungslosen Besuchern so manches gesundheitliche Übel andichtete, das dann sofort behandelt werden musste. Einem armen Tropf, der anscheinend zu viel Met getrunken hat, sodass der im Kopf verkrustete Honig ihm arge Katerkopfschmerzen verursachte, drehte er den Kopf einfach ein paar Mal um die eigene Achse, um die Verklebung zu lösen. Einem anderen Besucher dichtete er schwarze Zähne und einen gar fürchterlichen Atem an. Sehr zur Belustigung seiner Familie, denn der so mit der Zange behandelte Patient entpuppte sich als – Zahnarzt!
Am Samstag wurde das Badehaus noch ordentlich frequentiert, am Sonntag ging es hier etwas sittsamer zu. Im Mittelalter war das Badehaus nicht nur der Ort der Reinigung, sondern auch der fleischlichen Gelüste. Bader Nick Köpke aus Magdeburg: „Wir haben hinter dem Zelt eine Umkleide und eine Dusche. Dann geht es nackt in den Holzzuber, da passen sechs bis acht Leute hinein. Gern auch einmal zehn, wenn alle eng zusammenrücken. Das Wasser ist bis zu 38 Grad warm, da kann man es sich richtig schön gemütlich machen. Ich sorge dafür, dass es allen gut geht – und besorge passende Getränke von der Taverne.“
Vom Badezuber aus hätte man auch direkt zur benachbarten Wasserguillotine hinüberschauen können. Mit großem Geschrei landete hier eine rothaarige Hexe auf einer Schaukel, deren Sitzholz direkt über einem Zuber mit eiskaltem Wasser schwebte. Eine Hexenprobe stand an, denn eine Hexe müsse die Frau ja sein, „denn sie hat ja eine linke Hand und auch eine rechte“. Würde sie im Zuber versinken und ertrinken, wäre ihre Unschuld damit erwiesen. Die Zuschauer durften an verschiedenen Fäden ziehen, um so vielleicht die Guillotine auszulösen. Nach jedem Fehlversuch skandierte das aufgebrachte Publikum lautstark: „Boah, die Hexe lebt ja immer noch“. Erst der letzte Strang brachte die rothaarige Hexe ins „Wasser, dass so kalt ist, dass auch einem Pinguin am Südpol der gefiederte Arsch abfrieren würde.“
Wer mochte, konnte aber auch beim Schwertkampf der Ritter zuschauen oder dem Trio „Rabenzauber“ lauschen, das auf der Bühne mittelalterliche Weisen zum Besten brachte.
Chef-Organisator Lutz Lehmann aus Falkenberg-Elster im Süden Brandenburgs zeigte sich begeistert von der Bredower Location: „So ein Mittelalterfest ist nicht so laut wie ein Stadtrummel. Bei uns geht es gemütlicher zu, selbst die Musik ist handgemacht.“
Mike Marszalkowski ist der Vorsitzende des Vereins „Bredow im Havelland“: „Wir sind sehr zufrieden mit dem Fest. Spannend fand ich persönlich vor allem das Gericht der Ritter, bei dem der Pastor die Rolle des Verteidigers übernommen hatte und verschiedene Fälle zu lösen waren. Unser Verein hat nur 12 Leute, da hat uns das Teichfest ganz schön auf Trab gehalten. Wir veranstalten sonst immer noch ganz gern einen Open-Air-Kinoabend in Bredow. Ich denke nicht, dass wir das in diesem Jahr auch noch stemmen können.“
Aber auf dem Fest gab es nicht viel Zeit, um noch weiter in die Zukunft zu schauen. Denn schließlich musste der süffige Met probiert werden. Außerden gab es „feynstes Softeis mit fangfrischen Erdbäären“. Und wer wollte, konnte an einem Stand auch noch einen Räuberspieß, eine Steaksemmel oder geschmortes Wild mit Apfelrotkohl verkosten.
So manche Ehefrau ließ den Mann beim Bier in der Taverne zurück, um heimlich bei der Wahrsagerin vorbeizuschauen. Die legte ihren Kundinnen die Karten und wagte so den Blick in die Zukunft. Hier entschied sich, ob es sich für die Damen noch lohnte, ihren Schatz auszulösen und wieder in der Taverne abzuholen.
Am Sonntagabend war das Fest leider auch schon wieder vorbei. Ganz nüchtern hieß der Programmpunkt nun: „Das Volk möge sich trollen.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 196 (7/2022).
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