Zu Besuch im Backwahn-Backshop in Päwesin: Spirituelle Kalorien oder Kuchenwunder?

Im kleinen Dorf Päwesin, nur einen Katzensprung von Wachow entfernt, ist die buddhistische Klosterschule “Ganden Tashi Choeling” zu finden. Einige Mönche und Nonnen betreiben direkt neben diesem Kloster einen kleinen Backshop mit Café-Betrieb, den sie “Backwahn” nennen. Jeden Tag gibt es hier an die 30 frischgebackene Kuchen. Die Location gilt als Geheimtipp: Selbst unter der Woche muss man mitunter Schlange stehen. (ANZEIGE)
Päwesin gehört nicht mehr zum Havelland, sondern zum Landkreis Potsdam-Mittelmark. Das ländliche Dorf ist zwischen dem Potsdamer Golfclub, dem Örtchen Tremmen und dem Nauener Ortsteil Wachow zu finden. Längst gilt der Backshop “Backwahn”, der direkt an einer großen Kreuzung liegt, als Geheimtipp für alle bekennenden Kuchenfreunde: Die Auswahl ist riesig, die Kuchenstücke sind richtig groß und die Preise sind absolut bezahlbar und weit von dem entfernt, was man in Berlin in einer Konditorei bezahlen muss.
Betriebsleiterin vor Ort ist die Nonne Losang Kyinzum (43), die ihren weltlichen Namen vor 17 Jahren abgelegt hat und seitdem im buddhistischen Kloster “Ganden Tashi Choeling” (www.tashi-choeling.de/paewesin.html) lebt, das 2002 gegründet wurde und in der Tradition des Je Tsongkhapa des Tibetischen Buddhismus steht. In ganz Deutschland gibt es übrigens nur achtzehn buddhistischen Klosteranlagen.
Wie kommt es aber eigentlich dazu, dass eine buddhistische Klostergemeinschaft jeden einzelnen Tag in der Woche 30 Kilo Mehl, 400 Eier und unzählige Blöcke Butter verbraucht? Wohnen so viele hungrige Mönche und Nonnen im Kloster?
Losang Kyinzum: “Nein, bei uns im Kloster leben etwa 40 Mönche und Nonnen. Für uns gibt es aber keine Kirchensteuer. Um Geld für unseren Lebensunterhalt zu verdienen, müssen wir arbeiten gehen. Es ist nicht leicht, hier auf dem Land eine Arbeit zu finden. Aus diesem Grund haben wir ein kleines Klosterlädchen, einen Friseurbetrieb und auch unseren Backshop gegründet. Diese Betriebe haben viele Arbeitsplätze geschaffen. So viele übrigens, dass bei uns auch Menschen arbeiten, die nicht zum Kloster gehören. So haben wir etwa einen Bäcker eingestellt.”
Der Backshop übt eine große Anziehungskraft auf alle aus, die einen gesunden Kuchenappetit haben. Manche Kunden kommen sogar aus Potsdam angereist. Am Wochenende reicht die Warteschlange in beide Richtungen die Straße herunter. Auch unter der Woche darf man nicht darauf hoffen, sofort an die Reihe zu kommen.
Neben dem kleinen Verkaufsraum gibt es im “Backwahn” auch zwei überdachte und beheizte Außenterrassen. Hier kann man es sich mit einer Kaffeespezialität und einem Stück Kuchen oder Torte gemütlich machen. Geöffnet hat das Kuchenparadies mit seinen “spirituellen Kalorien” werktags von 7 bis 18 Uhr und am Wochenende von 7 bis 16 Uhr.
Losang Kyinzum: “Vor uns gab es nichts in Päwesin, nur eine Ärztin und eine Apotheke. 2010 hatten zwei unserer Nonnen die Idee, einen kleinen Backshop zu eröffnen, der einfach nur Brötchen aufbackt. Das war vom allerersten Tag der Renner. Den ersten Sonntag hatten wir zu, da gab es sofort Beschwerden. Seitdem haben wir auch an jedem Sonntag geöffnet. Irgendwann kamen wir auf die Idee, einmal einen selbstgebackenen Kuchen mit anzubieten. Er wurde uns aus den Händen gerissen. Wir haben deswegen das Sortiment immer wieder erweitert. 2016 sind wir in das aktuelle Haus umgezogen, um uns zu vergrößern. So konnten wir noch mehr Mönchen und Nonnen dabei helfen, sich vor Ort ihr Leben zu finanzieren. Wir stoßen schon längst wieder an unsere Grenzen, planen aber nicht, uns noch einmal zu erweitern. Es wird schon gehen, es ist ja auch irgendwie urig und gemütlich.”
Das Angebot kann sich sehen lassen. Da gibt es etwa eine Aprikosen-Sonnenschein-Tarte, eine Blaubeer-Sahne-Schnitte, einen Kirsch-Streusel-Landkuchen, einen Mandarinen-Traum, einen Käsekuchen nach dem Original-Rezept aus dem Kloster Maulbronn, einen Kirsch-Bienenstich, eine Fruchtschnitte oder einen New Yorker Cheesecake.
Losang Kyinzum: “Wir backen jeden Tag mit unseren eigenen Händen, denn wir haben keine großen Maschinen. Da kommt eine ganz andere Energie zum Einsatz – und das schmeckt man. Wir nutzen dabei alte Rezepte ohne viel Schnickschnack. Viele Rezepte stammen aus dem Schwabenländle, wir haben sie nur für uns modifiziert. Jeden Tag gibt es übrigens andere Kuchen, Tartes und Torten. Nur den Käsekuchen, den Kirschstreusel und die Brownies dürfen wir nicht aus der Auslage nehmen. Gern backen wir passend zur Saison und nutzen Beeren und Steinobst, das uns oft genug die Nachbarn vorbeibringen.”
Viele Lieferanten und Logistiker freuen sich über eine Route, die direkt über Päwesin führt. Dann können sie nämlich eine Kuchenpause einplanen. Das gilt auch für die Polizei. Die hat sich prompt beschwert, dass es einen Feuerwehrkuchen mit roter Kirsche gibt. Prompt haben die Backprofis reagiert und einen Polizeikuchen mit blauer Heidelbeerfüllung nachgeschoben.
Viele Fahrradgruppen machen übrigens gern Station im “Backwahn”, um hier morgens gemütlich zu frühstücken. Auf sie warten auch leckere Donuts, Plunderstücke oder Pflaumenmus-Berliner.
Für ganz kleines Geld gibt es außerdem jeden Tag Kuchen vom Vortag: Es wird nichts weggeworfen. (Text/Fotos: CS)
Info: Backwahn – Der Backshop, Brandenburger Straße 15, 14778 Päwesin, Tel.: 033838-30775, www.tashi-choeling.de/backwahn.html
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 193 (4/2022).
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