Kino-Filmkritik: Tod auf dem Nil
Hercule Poirot ermittelt wieder. Nach dem „Mord im Orient-Express“ aus dem Jahr 2017 schlüpft Kenneth Branagh erneut in die Rolle von Agatha Christies Profiermittler Hercule Poirot. In diesem Jahr führt uns die kriminaltechnische Reise allerdings nach Ägypten. Das Thema heißt schließlich „Tod auf dem Nil“. Das Buch zum Whodunit wurde bereits 1937 geschrieben. Der aktuelle Film ist die dritte Verfilmung des Stoffes.
Am bekanntesten ist die Verfilmung von 1978 mit Peter Ustinov in der Rolle des belgischen Privatdetektivs Hercule Poirot.
Kenneth Branagh fungiert bei beiden Poirot-Filmen der Neuzeit auch als Regisseur. Sein „Mord im Orient-Express“ kam bei vielen Kritikern eher durchwachsen an, uns gefiel der Film mit vielen bekannten Gesichtern (u.a. Johnny Depp) sehr gut, was auch an der bedächtigen Umsetzung und an den fantastischen Kostümen lag.
„Tod auf dem Nil“ führt das begonnene Werk auf wundersame Weise weiter. Das tödliche Abenteuer spielt im Jahr 1936. Das spiegelt sich im Film in der blues-jazzigen Musik, in den fantastischen Kostümen und auch in den Frisuren und Accessoires wieder. Der neue Poirot-Film ist ein Film zum Schauen und Staunen, er ist ein Fenster in eine vergangene Zeit. Schade ist bei all diesem Aufwand nur, dass man zu oft sieht, dass die schönen Kulissen gemalt wurden: Die meisten Szenen wurden im Studio gedreht, nur wenige Sequenzen wurden in Marokko aufgenommen.
Neben der verstörend schönen Optik überzeugt die gelassene Gemächlichkeit. Es gibt keine schnell geschnittenen Actionszenen. Alles hat hier seine Zeit. Dialoge sind wichtig, kleine Nuancen. Poirot beobachtet und analysiert, er wägt ab und konfrontiert: Da gibt es keinen Platz für schicke Stunts und schotige Einzeiler. Im Zeitalter der inhaltlich dummen Actionfilme ist das eine Wohltat.
Eine Wohltat ist auch das Ensemble der starken Charaktere, das da auf der Leinwand agiert. Die Figur des Hercule Poirot bekommt zum Glück viel mehr Tiefe. Die braucht sie aber auch, um den starken Figuren von Gal Gadot, Annette Bening, Letitia Wright, Rose Leslie und Russell Brand standhalten zu können.
Und darum geht es: Die wunderschöne und sehr reiche Linnet Ridgeway Doyle (Gal Gadot) nimmt sich, was sie möchte. So auch den Freund ihrer besten Freundin Jacqueline (Emma Mackey). Die Hochzeit wird pompös am Nil gefeiert. Als die verstoßene Freundin mordlüstern in Ägypten auftaucht, flieht die Hochzeitsgruppe auf einen Nildampfer. Hercule Poirot verspricht, auf die Braut aufzupassen, kann ihren Mord aber doch nicht verhindern.
„Tod auf dem Nil“ ist ein klassischer Whodunit, wie er sonst heute gar nicht mehr gedreht wird. Wer also schon aus dem Buch oder einer alten Verfilmung weiß, wer der Mörder oder die Mörderin ist, wird um den Spaß des Miträtselns gebracht. Allerdings lohnt es sich, den Film trotzdem noch einmal zu sehen, um in diesem Fall alle Geschehnisse aus den Augen des Mörders zu bewerten.
„Tod auf dem Nil“ macht auch in der dritten Verfilmung viel Spaß. Fast hat es den Anschein, als würde man einen Hollywood-Film des Goldenen Zeitalters sehen, der mit den modernen Mitteln von heute gedreht wurde. Die Filmreihe darf gern fortgesetzt werden.
Sehr sehenswert neben Kenneth Branagh in seiner Rolle als Hercule Poirot ist Gal Gadot, die nicht nur wunderschön anzusehen ist, sondern alle Untiefen ihres reichen Charakters wunderbar auslotet. (CS / Bilder: Twentieth Century Fox)
Fazit: 4 von 5 Sterne (FSK 12)
Spieldauer: 127 Minuten
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=1AHiUe63hjo
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 192 (3/2022).
Seitenabrufe seit 14.02.2022:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige