Private Zucht: Marvin Kopka aus Elstal züchtet Gottesanbeterinnen!
Marvin Kopka (23) aus Elstal hat viele Leidenschaften. Er fährt leidenschaftlich gern mit dem BMX-Rad, moderiert das jährliche Event “Nauen auf Rollen” und – züchtet in seiner Wohnung Gottesanbeterinnen, Rosenkäfer und Gespenstschrecken. Insbesondere bei den Gottesanbeterinnen ist der Insektenkenner bereits so erfolgreich, dass Mantiden-Freunde aus ganz Deutschland Nachwuchs bei ihm bestellen. Und ihn um Rat bitten.
Da muss man als Freundin schon recht leidensfähig sein. In der Wohnung von Marvin Kopka stehen in jeder Ecke kleine Terrarien, in denen sich sechsbeinige Bewohner sehr wohl fühlen. Da gibt es tropische Rosenkäfer, handgroße Gespenstschrecken, aber auch Gottesanbeterinnen in jeder Form und Farbe.
Die schönsten Gottesanbeterinnen, nämlich die Große Teufelsblume und die Gelbe Orchideen-Mantis, stehen übrigens in priviligierter Lage im Schlafzimmer.
Insekten: Erst auf den Teller, dann ins Terrarium
Marvin Kopka wurde in Berlin geboren, ist in Seeburg und Brieselang aufgewachsen und lebt nun in Elstal. Er arbeitet in einem Spandauer Kindergarten und muss weit zurückdenken, um seine Liebe zu den sechsbeinigen Krabbeltieren begründen zu können.
Marvin Kopka: “Ich bin bereits mit ungewöhnlichen Tieren aufgewachsen, mein Vater hat Pfeilgiftfrösche gezüchtet. Als Kind war ich immer in der freien Natur und habe Eidechsen und Frösche gefangen. In der ersten eigenen Wohnung hat mir ein Haustier gefehlt. Ich habe mit Blatt- und Gespenstschrecken angefangen, die sind aber auf Dauer sehr langweilig. In den letzten zwei Jahren hatte ich auch schon Indische Riesengottesanbeterinnen, aber alles nur im kleinen Maßstab. In diesem Frühjahr hatte ich eine Knie-Operation. Danach war ich die ganze Zeit Zuhause – und da ist das mit den Gottesanbeterinnen ein klein wenig eskaliert.”
Das kann man so sagen. Eine ganze Wand im Schlafzimmer besteht nur aus Terrarien – vor allem für die Gottesanbeterinnen. Sogar oben auf dem Schrank stehen Gefäße, damit sich hier die Larven der ausländischen Käfer im mulchigen Substrat ganz ungehindert entwickeln können. Im Wohnzimmer finden sich weitere Terrarien mit Blattschrecken und Gespenstschrecken. In der Küche stapeln sich dafür die Gläser mit Jungtieren, die für den Verkauf bestimmt sind.
Marvin Kopka: “Früher habe ich Insekten auch gegessen, ich bin ein großer Freund von der Idee, den Welthunger mit Insektenproteinen zu bekämpfen. Es gibt ja auch in Deutschland schon diverse Food-Startups, die mit Insekten-Snacks handeln. Wüstenheuschrecken sind nicht so meins, da bleiben schnell die Beine zwischen den Zähnen stecken. Ich bevorzuge Grillen und Heimchen, die sind lecker.”
Gottesanbeterinnen: Es kommt auf die Temperatur und Luftfeuchtigkeit an
Marvin Kopka züchtet viele exotische Arten der Gottesanbeterinnen, die auch Mantiden genannt werden. Die kleinsten Arten sind ausgewachsen so winzig, dass man sie kaum mit dem bloßen Auge erkennen kann. Die größten passen gerade noch so auf die ausgestreckte Hand.
Marvin Kopka: “Ich habe die Marmorierte Madagaskar-Gottesanbeterin, die Orchideen-Mantis sogar in gelb, die Geister-Mantis, die Große und die Kleine Teufelsblume und viele weitere Arten, bei denen ich nur die lateinischen Namen weiß. Ich muss bei der Haltung sehr aufpassen, dass ich passend zu jeder Art die richtige Temperatur und Luftfeuchtigkeit anbiete. Die Große Teufelsblume benötigt so etwa viel Tageslicht, 40 Grad und etwa 40 bis 50 Prozent Luftfeuchtigkeit. Die Luftfeuchtigkeit ist auch wichtig, damit die Häutung funktioniert. Steht sie an, fressen die Tiere nichts mehr. Dann muss ich sie ganz in Ruhe lassen. Es ist immer wieder erstaunlich zu sehen, wie sehr die Tiere bei einer Häutung wachsen.”
Die Mantiden werden von Marvin Kopka nur mit Fliegen gefüttert: “Bei anderen Futtertieren habe ich Angst, mir Krankheiten einzuschleppen. Die ganz kleinen Fruchtfliegen ziehe ich selbst an, bei den Gold- und Schmeißfliegen kaufe ich die Maden bei einem Züchter in Schönwalde-Glien, der sonst die Angler versorgt.”
Man hört doch aber immer wieder, dass die Gottesanbeterinnen ihrem Männchen beim Sex den Kopf abbeißen. Wie geht man eigentlich damit um?
Marvin Kopka: “Die Gottesanbeterinnen würden sich auch schon vorher gegenseitig auffressen, wenn es nicht genug Futter gibt. Deswegen halte ich auch immer nur zwei bis drei Exemplare in einem Terrarium zusammen. Ein bisschen Schwund gibt es immer, das ist der Lauf der Natur, das kann ich auch gar nicht verhindern. Ich passe nur auf, dass das Männchen nach der Paarung nicht gleich gefressen wird. Denn es gelingt mir oft, die Tiere mehrmals zu verpaaren, sodass ein Weibchen bis zu acht schaumige Eipakete legt, die Ootheken heißen und bis zu 200 Eier enthalten können. Wenn ein Männchen zu schwächeln beginnt, gucke ich weg, dann darf es gefressen werden. Die Tiere haben nur eine Lebenserwartung von einem Jahr.”
Fehlt in der Sammlung nicht noch die einheimische Europäische Gottesanbeterin, die ja bereits in der Döberitzer Heide gesichtet wurde? Marvin Kopka: “Sie steht unter Naturschutz, ich dürfte sie gar nicht fangen und mitnehmen. Aber mir würde es bereits ausreichen, sie zu entdecken und zu fotografieren. Ich war schon oft in der Heide gucken und suchen, habe aber noch nie eine in Deutschland gesehen. Ich werde weiter die Augen offenhalten.”
Der Multimillionär, der immer anruft
Was hat der Insektenfreund mit den Tieren vor, die er erfolgreich nachzüchtet?
Marvin Kopka: “Noch ist das ja ein reines Hobby, das ich für mich in meiner Freizeit betreibe. Ich könnte mir allerdings vorstellen, daraus ein kleines Nebengewerbe mit eigener Homepage und Bestell-Shop zu machen. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Ein echter Traum wäre es, ein eigenes Zimmer nur für die Tiere zu haben. Zurzeit biete ich meine Nachzuchten über eBay Kleinanzeigen an. Und ich freue mich auf den August, da gibt es wieder die erste Insektenmesse nach Corona – in Tegel.”
Über eBay gehen die Nachzuchten schnell weg. Neueinsteiger, Biologen oder Züchter: Sie alle bestellen per Mausklick Gottesanbeterinnen, um sich an einem neuen Tier zu erfreuen. Die Gottesanbeterinnen werden allerdings noch als Jungtiere verkauft und müssen erst zum adulten Tier aufgezogen werden. Marvin Kopka: “Gerade erst hat ein Multimillionär bei mir bestellt, der ruft jetzt fast täglich an, weil er noch Fragen zur Haltung hat, etwa, weil eine Häutung nicht richtig funktioniert hat. Und meinem Friseur in Brieselang habe ich zwei Terrarien mit Gottesanbeterinnen für sein Friseurgeschäft zusammengestellt.”
Wer Kontakt mit dem Züchter aufnehmen möchte, erwischt ihn am besten über Instagram (Insectsquad_marv) oder über Facebook (Marvin Pascual Kopka). (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 185 (8/2021).
Seitenabrufe seit 1.12.2021:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige