Kleintierzuchtverein D 459 Wansdorf mit Problemen: Kleintierzüchter brauchen Nachwuchs und Veranstaltungen!
Der “Kleintierzuchtverein D 459 Wansdorf” ist der letzte Zuchtverein, der Schönwalde-Glien noch geblieben ist – zu DDR-Zeiten gab es die Vereine noch in deutlich mehr Ortsteilen. Die Züchter von Kaninchen, Hühnern, Tauben und Wassergeflügel klagen über ein ernstzunehmendes Nachwuchsproblem, stellen zugleich aber auch fest, dass viele Zugezogene aus der Großstadt Probleme mit einem krähenden Hahn in der Nachbarschaft haben. Landrat Roger Lewandowski hat sich die Sorgen der Vereinsmitglieder genau angehört.
Die Mitglieder vom “Kleintierzuchtverein D 459 Wansdorf” dürfen sich zumindest über eins freuen: Sie nutzen ein großes Vereinsgelände in direkter Nachbarschaft zur Kirche in Wansdorf. Hier steht ausreichend Fläche zur Verfügung, um ein geselliges Miteinander zu ermöglichen, aber auch, um die für den Verein so wichtigen Tierschauen durchzuführen. Ende August werden so etwa die Welsumer und Zwerg-Welsumer ausgestellt, wie eine besondere Hühnerrasse heißt. Und im September ist die Vereinsschau der Jungtiere anberaumt.
Den Verein gibt es bereits seit 1973. Manfred Krause (84) ist seit 1976 im Verein tätig. Er hat ihn 32 Jahre lang als Vorsitzender geführt, inzwischen ist er einfaches Mitglied: “Damals haben wir uns zunächst in der Gaststätte getroffen, bevor wir unser Vereinsgelände bekommen haben. Vorher war auf dem Grundstück übrigens eine Gärtnerei zu finden. Wir haben alles abgerissen und mit unseren eigenen Händen neu aufgebaut. Immer mit dem Material, was wir gerade bekommen konnten. Zu DDR-Zeiten sind wir da frei nach dem Motto vorgegangen: Wer nicht schnorrt, der kommt nicht weit. Als wir den Verein aufgebaut haben, hat jeder hundert Ostmark in die Kasse gelegt, davon wurden die ersten Käfige gekauft. Nach jeder Schau, die wieder Geld in die Kasse brachte, haben wir einen Vereinskameraden ausbezahlt. So lief das damals.”
Landrat Roger Lewandowski zu Besuch
Am 16. Juli nutzte Landrat Roger Lewandowski die Gelegenheit, den Züchtern einen persönlichen Besuch abzustatten, um sich ihre Sorgen und Probleme anzuhören.
Bernd Eckstein (66) ist Mitbegründer des Zuchtvereins und zurzeit stellvertretender Vorsitzender. Er sagt: “Unser größtes Problem ist sicherlich der Nachwuchs. Wir sind inzwischen der letzte Kleintierzuchtverein in Schönwalde-Glien, zu DDR-Zeiten gab es allein bei uns drei. Unser Verein hat noch 22 Mitglieder, der jüngste ist 13 Jahre alt. Die allermeisten von uns sind allerdings schon lange auf Rente. Frauen gab es früher einmal bei uns im Verein, zurzeit sind wir aber eine reine Herrenrunde.”
Manfred Krause: “Vor Corona haben wir oft die Kita zu den Schauen eingeladen. Wo sonst können die Kinder schon mal ein Nackthalshuhn sehen? Aber da bleibt leider nichts hängen, die Kinder und Jugendlichen haben andere Interessen. Ich denke: Hätten wir das Handy nicht eingeführt, hätten wir vielleicht auch mehr Nachwuchs.”
Klar ist den Züchtern auch: Zu DDR-Zeiten, da war man immer auch Selbstversorger. Natürlich hat man gezüchtet, um die verschiedenen Hühner- oder Kaninchenrassen zu erhalten und zu pflegen. Aber am Ende wartete immer der Kochtopf.
Bürgermeister Bodo Oehme: “Ich hatte schon mit zwölf Jahren Kaninchen, erst Deutsche Riesen, dann Helle Großsilber. Die passten sehr gut in die Pfanne.”
Lothar Voßberg (70), Kassierer und Ausstellungsleiter im Verein: “Früher war der typische Werdegang im Verein doch so: Die eigenen Eltern hatten schon gezüchtet – und als Kind hat man das gelernt und fortgeführt. Dann gab es meist eine Pause, sobald man eine Familie gegründet hatte und arbeiten gehen musste. Im Ruhestand hat man wieder mit dem Züchten angefangen. Das ist heute nicht mehr so.”
Ein Problem ist sicherlich auch, dass viele Nachbarn nicht eben erfreut sind, wenn im Garten nebenan Hühner, Kaninchen, Enten oder Tauben gezüchtet werden.
Bürgermeister Bodo Oehme: “Viele Menschen ziehen aus der Stadt aufs Land und zeigen hier angekommen eine deutliche Inakzeptanz, wenn sie einmal einen Hahn krähen hören. Gerade an der Naht zwischen Neubaugebiet und Mischgebiet knallt es oft. Ich habe schon Hähne schalldicht einsperren müssen.”
Corona hat viele Tierschauen verhindert
Die wichtigste finanzielle Einnahmequelle des Kleintierzuchtvereins sind die Tierschauen. Sie mussten leider Corona-bedingt fast zwei Jahre lang ausfallen.
Manfred Krause: “Besonders beliebt war immer unser Hahnenkrähwettbewerb am 1. Mai. Der Hahn, der in einer Stunde am häufigsten kräht, gewinnt. Wir hatten einen Hahn, der hat 140 Mal gekräht. Viele von uns haben auch gezielt für die BraLa im Erlebnispark Paaren gezüchtet, also für die Brandenburgische Landwirtschaftsausstellung. Sie ist nun wegen Corona zwei Mal ausgefallen, da blieb am Ende wieder nur der Kochtopf übrig.”
Bürgermeister Oehme: “Im MAFZ gab es ja auch die Geflügel- und Kaninchenausstellungen. Da kamen viele Besucher aus ganz Berlin und Brandenburg.”
Manfred Krause: “Wenn wir keine Einnahmen generieren können, wissen wir nicht, wie es weitergeht. Wir bauen darauf, dass die geplanten Schauen im August und im September stattfinden können. Durch Corona ist viel weggefallen, das tut uns weh. Wir haben aber schon beschlossen: Sollte der Verein irgendwann aufgelöst werden, kriegt unser Vereinsvermögen der Kindergarten.” Bodo Oehme: “Das immense Wissen der Züchter geht verloren, wenn kein Nachwuchs mehr da ist.”
Landrat Roger Lewandowski hörte sich die Sorgen und Nöte an, hatte für die Nachwuchssorgen aber leider auch keine Patentlösung parat. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 185 (8/2021).
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