FreshTasia holt Asiens Küche in ein Spandauer Gewächshaus! + Interview mit Tohru Nakamura
Schlangenbohne, Shiso-Blätter, Okinawa-Spinat oder Speise-Chrysanthemen: Die asiatische Küche hält viele Kräuter und spannendes Gemüse bereit, die zum gesunden Kochen verführen. Ab sofort kann auf Importe komplett verzichtet werden, denn Rongrong und ihr Mann Ralf Szydlewski bauen die Edelbotanik direkt in Spandau an – in einem Gewächshaus in Kladow. (ANZEIGE)
Wer Bittermelone, Pak Choi oder Eiskraut ausprobieren möchte, kann sich direkt vor Ort mit den Blättern, Trieben und Strauchfrüchten eindecken.
Es muss nicht immer die klassische Kartoffel, die Paprika oder der Feldsalat sein: Insbesondere die asiatische Küche hält viele neue Kräuter, Blattgemüse und Früchte bereit, die mit ihren komplett neuen Geschmacksaromen dazu beitragen, einen frischen Wind in die eigenen Pfannen und Kochtöpfe zu bringen.
Die Frage ist dabei nur: Woher lassen sich die entsprechenden Pflanzen tatsächlich frisch beziehen? Rongrong und Ralf Szydlewski aus Falkensee lösen das Logistikproblem auf ihre Weise. Sie importieren die begehrte Blattware nicht auf den altbewährten Transportwegen, die einmal um den halben Globus herumreichen. Sie haben stattdessen als Startup die Phytasia GmbH gegründet und mit “FreshTasia” eine ganz eigene Marke geschaffen.
Ralf Szydlewski (43): “Unser Unternehmen haben wir 2017 gegründet – bereits mit der Idee, die Nutzpflanzen, die meine Frau Rongrong aus ihrer Heimat China kennt, auch hierzulande anzubauen. Es hat uns zwei Jahre Forschung und Vorbereitung gekostet, um das nötige Knowhow aufzubauen. Denn für so ein Geschäft gibt es weder Statistiken noch Vorlagen für einen Businessplan oder einen standardisierten Anbauplan für die Kulturen. Wir betreten mit unserem Startup wirkliches Neuland. Kleine Vorversuche gab es immerhin in Kooperation mit der Berliner Humboldt-Universität – aber nur im kleinen Maßstab. Im April 2019 haben wir dann als Havelländer ein altes Blumen-Gewächshaus in Kladow übernommen. Hier stehen uns nun 1.300 Quadratmeter Nettofläche zur Verfügung, um Erbsensprossen, Pilzkraut, indischen Spinat oder Kai Choi anzupflanzen.”
Die Falkenseer Gewächshaus-Betreiber arbeiten nicht mit der Chemiekeule, sondern setzen auf biologische Mittel wie etwa ausgesetzte Schlupfwespen oder auf die Stärkung der Pflanzen mit bestimmten Mikroorganismen, um Blattläuse, Spinnenmilben und Thripse auf Abstand zu halten.
Eine besonders hohe Qualität bei ihrer Ernte ist den Gründern sehr wichtig. Kein Wunder: Zu den ersten Kunden gehörten viele Spitzengastronomie-Betriebe aus dem Fine Dining-Segment, aber auch Caterer und die gehobene Hotelerie. Ralf Szydlewski: “Auch die Koreaner, Chinesen und Japaner haben gern bei uns für ihre Restaurants eingekauft, da sie ein besonderes Verständnis für die Qualität und damit auch für die Kosten haben. Bei den Privatkunden unter den Käufern waren es vor allem Berliner und Havelländer, die selbst für längere Zeit im Ausland gewesen sind und die hier den Geschmack bestimmter Kräuter kennen- und schätzen gelernt haben.”
Corona und die damit verbundenen Lockdown-Einschränkungen haben leider dafür gesorgt, dass das junge Startup von jetzt auf gleich ordentlich ausgebremst wurde. Kein Wunder: Die Gastronomie hat geschlossen, die Caterer erhalten keine Aufträge mehr und auch die Hotelerie darf keine privaten Gäste aufnehmen.
Ralf Szydlewski: “Zum Glück haben wir jetzt einen eigenen Online-Shop aufgebaut, über den auch private Kunden deutschlandweit bestellen können. Und wir arbeiten inzwischen mit dem Havelland Express und mit dem Transgourmet Frischeparadies zusammen. Das hilft.”
FreshTasia: Umzug nach Brandenburg geplant
Der Standort in Kladow lässt die Schwammgurken ebenso sprießen wie den Wasserspinat oder den vietnamesischen Koriander. Aber, so Ralf Szydlewski: “Wir produzieren leider noch zu teuer. Wir heizen mit Berliner Stadtgas, das ist sehr kostenintensiv. Und das Gewächshaus ist alt, die Glasflächen nicht doppelt verglast. Auch ist das Gewächshaus nicht hoch genug, die Schlangenbohnen stoßen schnell an die Decke, was den Wuchs und damit auch den Ertrag reduziert.”
Das Startup würde gern nach Brandenburg umziehen und hier ein komplett neues Gewächshaus bauen, das am besten neben einer Biogasanlage steht und zudem mit einem Blockheizkraftwerk ausgestattet ist. So könnte der Energieverbrauch um 50 Prozent gesenkt werden.
Dieser Umzug ist für 2024/25 geplant, wenn alles glattgeht. Dafür müsste aber Startup-typisch erst noch ein Investor gefunden werden, der dabei hilft, das nötige Geld zusammenzutragen. Immerhin: Hohe Förderungen wären möglich. Und wenn Corona einmal wieder vorbei ist, sind die Erfolgsaussichten auch sehr rosig.
Viel experimentieren: Was schmeckt, das bleibt
Die FreshTasia-Gründer experimentieren noch immer sehr viel, um das perfekte Angebots-Portfolio zusammenzustellen.
Ralf Szydlewski: “Was uns nicht schmeckt, wird wieder aus dem Sortiment geworfen. Wir ziehen unsere Pflanzen direkt aus dem Saatgut an, ziehen mit der Hilfe von Setzlingen und Stecklingen aber auch unsere eigenen Kulturen.”
Die asiatisch geprägten Kunden kaufen gern das komplette Sortiment, weil sie alle Pflanzen aus ihrem kulinarischen Kulturkreis her kennen. Ralf Szydlewski: “Bei den deutschen Kunden steht der Wasserspinat hoch im Kurs, weil er sich wie normaler Spinat zubereiten lässt. Und sie lieben die Schlangenbohnen. Sie enthalten keine Blausäure und können auch roh verzehrt werden. Sie schmecken gegrillt sehr gut und entwickeln hier ein tolles Röstaroma.”
Zum Online-Shop soll sich bald noch ein Rezepteportal hinzugesellen. Nur für Abonnenten wird es zusätzlich ein Videoportal geben, in dem bekannte Köche ihre Rezepte Schritt für Schritt vor der Kamera zubereiten. Passend dazu soll jeweils eine Kochbox angeboten werden, in der alle benötigten Zutaten bereits erhalten sind.
Wer nicht online einkaufen möchte, kann Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr direkt am Gewächshaus vorbeischauen (vorab Warenverfügbarkeit erfragen) oder zu einem “FreshTasia Dealer” gehen. In Falkensee sind das die biofreunde. Hier muss die Ware allerdings vorbestellt werden. (Text/Fotos: CS)
Info: Phytasia GmbH – FreshTasia, Kladower Damm 320g, 14089 Berlin, Tel.: 0177-3127111, www.fresh-tasia.com
Interview: Tohru Nakamura
Tohru Nakamura (38) hat 2015 die Auszeichnung “Koch des Jahres” erhalten, konnte sich 2016 zwei Sterne erkochen und ist in Deutschland auch jenseits der gastronomischen Spitzenqualität bestens bekannt, seitdem er 2018 bei Tim Mälzers Fernseh-Battle “Kitchen Impossible” und 2018 und 2020 als Gastjuror bei der TV-Show “The Taste” mitgewirkt hat.
Der Sohn deutscher und japanischer Eltern wurde 2013 Küchenchef im “Geisels Werneckhof” in München, das aufgrund der Corona-Einschränkungen im Juni 2020 leider für immer schließen musste.
Im “SALON rouge” (www.salonrouge-muc.de) hat der 2-Sterne-Koch Tohru Nakamura (www.tohrunakamura.de) nun zusammen mit seinem Team eine neue Heimat gefunden. Im ältesten Bürgerhaus Münchens soll es unweit vom Marienplatz spätestens im Herbst 2021 wieder losgehen mit der Fine-Art-Küche für Feinschmecker.
“Unser Havelland” traf Tohru Nakamura in Berlin-Spandau bei einem Besuch beim lokalen Startup FreshTasia. Die Fragen stellte Carsten Scheibe.
Was bringt Sie denn von München nach Berlin und dann auch noch nach Spandau?
Tohru Nakamura: “Während des Lockdowns können wir ja nicht wirklich im Restaurant arbeiten. Was wir aber jetzt tun können: Wir besuchen unsere Lieferanten, schauen bei befreundeten Köchen vorbei und treffen interessante Firmen und Produzenten vor Ort. Das ist im normalen Alltag eines Spitzenrestaurants ja sonst gar nicht möglich. Wir hatten im April gleich mehrere Termine in Berlin, haben viel gesehen und gelernt, und fahren nun mit dem Auto wieder zurück nach München. Wir waren mit dem ganzen Team unterwegs, denn es ist gerade während der Corona-Zeit wichtig, den menschlichen Kontakt untereinander nicht zu verlieren. Wir müssen den Spirit aufrecht erhalten.”
Das Restaurant muss vorerst noch geschlossen bleiben. Wie plant man in dieser Situation?
Tohru Nakamura: “Das ist schwer bis unmöglich. Wir hatten bereits ein vollständiges Saisonmenü entworfen, das aber niemals umgesetzt wird. Es macht ja keinen Sinn, mit Spargel zu planen, wenn man bereits jetzt absehen kann, dass der Corona-Lockdown auf jeden Fall länger andauern wird als die Spargel-Saison. Wir arbeiten zurzeit ein zweites, neues saisonales Menü aus, wissen aber auch hier noch nicht, ob wir es jemals zum Gast bringen können. Aber: Wir stehen in den Startlöchern und werden bereit sein, sobald es wieder losgeht.”
Was finden Sie spannend an einem Startup wie FreshTasia?
Tohru Nakamura: “FreshTasia baut asiatisches Gemüse und Kräuter hier bei uns in Deutschland an. Wir erleben ja nicht nur in der Gastronomie, sondern auch Zuhause in der privaten Küche einen starken Trend hin zur Regionalität. Fresh Tasia zeigt uns, dass Regionalität nicht zwangsläufig auf eine Mohrrübe oder eine Steckrübe hinausläuft. Regionalität kann sich plötzlich sehr global anfühlen, ohne dass es nötig ist, diese Lebensmittel über weite Wege hinweg CO2-aufwendig transportieren zu müssen. Es ist toll auf Menschen zu treffen, die Mut haben, etwas Neues auszuprobieren.”
Was hat Sie bei Ihrem Besuch bei FreshTasia besonders begeistert?
Tohru Nakamura: “Wir arbeiten mit einem Produzenten in München zusammen. Da können wir hinfahren, selbst die Blüten von den Pflanzen zupfen und damit sofort ins Restaurant fahren. FreshTasia könnte das Angebot in der Breite ergänzen. Sehr interessant bei unserer Führung in Spandau fand ich den Wasserspinat und die Schlangenbohnen. Sehr spannend ist auch der Okinawa-Spinat, der kommt schließlich aus meiner zweiten Heimat Japan.” (Foto: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 183 (6/2021).
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