Startschuss 28. Dezember: Im Havelland begannen die Corona-Impfungen in Nauen!
Nach vielen langen Monaten der Corona-Pandemie, einem zweiten Shutdown und immer neuen Horrorzahlen beim Hochzählen der Infizierten und auch der Verstorbenen gibt es endlich eine Hoffnung machende Antwort aus dem Labor: Der Impfstoff ist da. Im Havelland markierte der 28. Dezember den Start der Corona-Impfungen. Der Impfstoff wurde unter Polizeischutz in den Morgenstunden nach Nauen geliefert. Um 9:30 Uhr wurde die allererste Spritze im Seniorenpflegezentrum Nauen in der Ketziner Straße 13 aufgezogen.
Etwa einhundert Menschen wurden an diesem Tag gegen SARS-CoV-2 und die von diesem Virus ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19 geimpft, darunter Mitarbeiter der Einrichtung ebenso wie die betagten Bewohner. Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher ließ es sich nicht nehmen, den Ärzten über die Schulter zu schauen.
Jörg Grigoleit, Geschäftsführer der Havelland Kliniken Unternehmensgruppe: “Wir freuen uns, dass eines unserer Pflegeheime gleich zu Beginn bei der Impfung mit dabei ist, um gerade der besonders gefährdeten Gruppe der Senioren einen Infektionsschutz zu bieten. Ab dem 5. Januar geht es mit der Impfung der Mitarbeiter in den Havelland Kliniken, im Rettungsdienst und im Gesundheitsamt weiter. Möge der Start der Impfungen ein gutes Omen für das neue Jahr sein.”
Die Mitarbeiter und die Bewohner des Seniorenpflegezentrums Nauen erhielten am 28. Dezember ihre allererste Impfung. Dr. Martin Stockburger von der Medizinischen Klinik Nauen: “Wir sind froh – es lief alles sehr gut und auch ohne eine Impfreaktion. Die Mitarbeiter haben bislang alle gesagt, es hat gar nicht weh getan. Es wurde niemand gedrängt und wir haben die Kollegen im Vorfeld aufgeklärt – darunter alle, die noch skeptisch waren.”
Ministerin Ursula Nonnemacher: “Die Aufklärung ist extrem wichtig, denn ich höre immer wieder, dass die Skepsis gerade im Bereich der Pflegenden deutlich höher ist als bei den älteren Leuten. Die sagen eher: Mach schnell, ich bin gefährdet, ich möchte mich wieder ohne Angst bewegen können. Bei den Alten ist die Impfbereitschaft sehr hoch, während bei den Mitarbeitenden eher die Skepsis überwiegt.”
Dr. Martin Stockburger: “Also bei uns im Krankenhaus ist es eher so, dass die Mitarbeiter impfbereit sind, weil sie natürlich auch die ganze Zeit sehr exponiert sind.”
Dr. Babette Dietrich von den Havelland Kliniken: “Wir haben eine Mail-Adresse geschaltet, über die alle Mitarbeitenden ihre Fragen zur Impfung einreichen können. Und wir haben extra ein Video gedreht, um den Impfvorgang noch einmal zu erklären. Das war sehr erfolgreich. Über die Feiertage haben sich noch einmal hundert weitere Mitarbeitende für die Impfung angemeldet. Das ist ein gutes Signal.”
Dass mit der Impf-Aufklärung der Bürger noch nicht alles optimal läuft, weiß auch die Ministerin. Ursula Nonnemacher: “Es läuft ja gerade alles parallel. Am 21. Dezember kam die europäische Zulassung für den Biontech-Pfizer-Impfstoff. Am 21. Dezember hat der Bund eine umfangreiche Hotline geschaltet, über die man sich beraten lassen kann. Wir müssen natürlich mehr Kampagnen starten. Aber machen Sie einmal eine Kampagne, wenn Sie noch gar nicht wissen, welcher Impfstoff zugelassen wird und was auf dem Beipackzettel steht. Man muss ja auch Fachinformationen vermitteln.”
Auch wenn die Impfung im Seniorenpflegezentrum Nauen die erste im Havelland war: Bereits am 27. Dezember bekam die erste Brandenburgerin ihre Impfung – in Großräschen. Ursula Nonnemacher: “27 EU-Länder haben sich darauf geeinigt, am 27. Dezember mit dem parallelen Impfen zu beginnen. Das war ja auch ein Zeichen für die Europäische Einheit, dass sie sehr wohl dazu in der Lage ist, relativ schnell nach der Zulassung den Impfstoff auch auf den Weg zu bringen. Großräschen wurde als Ort auch ausgewählt, weil der Landkreis Oberspreewald-Lausitz im Moment der Hotspot hier bei uns in Brandenburg ist. Jetzt ging es in Nauen weiter. Es ist gar nicht so einfach, aus dem Stand heraus und dann auch noch über Weihnachten eine solche Impfaktion durchzuführen. Gerade die hochvulnerablen Gruppen in den Pflegeheimen haben viele Begleiterkrankungen, da muss sorgfältig aufgeklärt werden. Viele Papiere müssen vorbereitet werden. Es gilt, Aufklärungsbögen zu unterscheiben. Wir wollen nun möglichst schnell die Seniorenstandorte in Premnitz und Rathenow impfen. Wir haben auch schon acht Kliniken ausgewählt, deren Personal so schnell wie möglich geimpft wird, da sind die Havelland Kliniken auch mit dabei.”
Jörg Grigoleit: “Wir hatten hier am Standort Nauen einen gewissen Vorteil, weil das Seniorenpflegezentrum und das Krankenhaus sehr eng zusammenarbeiten. So konnte die Impfaktion frühzeitig vorbereitet werden. Das führte dazu, dass am 28. Dezember bereits 100 Impfungen durchgeführt wurden.”
Dr. Martin Stockburger: “Wir hatten im Seniorenpflegezentrum zwei Impfteams. Eins war stationär aufgestellt und hat die Bediensteten geimpft. Ein mobiles Team hat die Bewohner direkt in ihren Zimmern geimpft.”
Wolfgang Gall ist als Dritter Beigeordneter im Landkreis auch zuständig für das Gesundheitsamt. Er sagte: “Als Landkreis freuen wir uns natürlich, dass wir nun Ende Dezember mit dem Impfen beginnen konnten. Das ist ein Impfstoff, der Leben retten kann. Als Landkreis hatten wir über Weihnachten eine Inzidenz von über 200. Als Verantwortlicher für das Gesundheitsamt weiß ich, was da alles mit dranhängt. Ich hoffe sehr, dass sich viele Bürger impfen lassen. Es ist eine echte Chance, diesen Virus und diese Pandemie zu besiegen.”
Burkhard Krüger ist Geschäftsführer der Wohn- und Pflegezentrum Havelland GmbH und damit auch verantwortlich für das Seniorenpflegezentrum Nauen. Er schaute zurück: “Die letzten Monate waren für uns katastrophal. Man hat eigentlich immer in der dauernden Angst gelebt, dass etwas passiert. In unserem Bereich kümmern wir uns mit 400 Mitarbeitenden um 600 Bewohner. Wir hatten zwar kleinere Corona-Ausbrüche, aber diese haben wir immer wieder eindämmen können. Wir haben keinen Bewohner an Corona verloren. Aber einen sehr guten Mitarbeiter – das nur einmal an alle Skeptiker, die glauben, Corona gibt es gar nicht. Jetzt mit der Impfung naht das Ende der Pandemie. Ich gehe davon aus, dass eine gewisse Normalität bei uns einkehrt, sobald wir alle Bewohner in den Heimen durchgeimpft haben.”
Ursula Nonnemacher erklärte als Gesundheitsministerin, dass das Land Brandenburg in einem “ersten Aufschlag” am 26. Dezember 9.600 Impfdosen von Biontech-Pfizer erhalten hatte. Davon muss immer die Hälfte zurückgelegt werden – für die 2. und abschließende Impfung, die nach 21 Tagen erfolgen soll: “Sieben Tage nach der zweiten Impfung gehen wir von einem kompletten Impfschutz aus.”
Ab Januar sollen – heruntergerechnet auf die Bevölkerung im Bundesland – wöchentlich weitere 19.500 Dosen verimpft werden. Das sind allerdings keine Mengen, die ein schnelles Durchimpfen der Bevölkerung in Aussicht stellen. Zumal der zurzeit verwendete Biontech-Pfizer-Impfstoff äußerst sensibel ist.
Ursula Nonnemacher: “Der Impfstoff ist sehr anspruchsvoll. Die Lagerung muss bei minus 70 Grad bei uns im Zentraldepot vorgenommen werden. Von hier aus wird der gekühlte Impfstoff über ein Logistikunternehmen an die entsprechenden Impfzentren vor Ort gebracht. Hier muss er zubereitet, also rekonstruiert werden. Der Impfstoff wird dabei in steriler Kochsalzlösung aufgelöst und ist anschließend auch nicht mehr transportabel. Und er hält sich in dieser Form auch nicht sehr lange. Man muss die Aufbereitung des Impfstoffes also gut planen, sodass am Ende des Tages auch alle Dosen verimpft sind. Die logistischen Anforderungen sind immens. Deswegen betreiben wir ja auch den ganzen Aufwand mit den Impfzentren. Man kann noch nicht in die einzelnen Praxen gehen, weil die Ärzte diese Logistik nicht leisten können. Wir rechnen damit, dass Anfang Januar der zweite Impfstoff eine EU-Zulassung bekommt. Das wird dann der Moderna-Impfstoff sein. Er nutzt ebenfalls die mRNA-Metzhode, soll aber weniger anspruchsvoll sein, was die Aufbewahrung und die Zubereitung anbelangt. Weitere Impfstoffe, die nach anderen Prinzipen arbeiten, sind ebenfalls in der Entwicklung. Ich denke, in ein paar Wochen hat sich das ganz hoffentlich so eingespielt, dass der Impfvorgang einfacher vonstatten geht.”
Dr. Martin Stockburger hat noch ein Beispiel dafür, wie empfindlich der Impfstoff ist: “So darf man bei der Spritze nicht zu dünne Nadeln verwenden, weil sonst die mRNA beschädigt werden könnte – die Wirkung der Impfung könnte geringer ausfallen. Wir waren sehr froh, dass uns vor Ort zwei kompetente Apotheker bei der Aufbereitung des Impfstoffes geholfen haben.”
Ursula Nonnemacher: “Am 5. Januar öffnen wir die ersten beiden großen Impfzentren in der Messehalle in Cottbus und in der Metropolishalle in Potsdam.” Insgesamt sollen in Brandenburg elf Impfzentren an den Start gehen. Das Havelland erhält zunächst noch kein eigenes Impfzentrum, sodass Impfwillige nach Potsdam reisen müssten.
Ab wann könnte es in Deutschland wieder so etwas wie die Rückkehr zur Normalität geben? Ursula Nonnemacher: “Wir gehen davon aus, dass wir 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung impfen müssen, um eine Herdenimmunität zu erreichen. Um die alle durchzuimpfen, braucht man schon ein paar Tage. Nur weil der Impfstoff da ist, ist leider noch nichts überstanden. Wir müssen die Kontaktbeschränkungen, die Hygieneregeln und andere Vorsichtsmaßnahmen unbedingt weiterführen, wir sind noch lange nicht über den Berg, Wir sind mittendrin in der zweiten Welle. Brandenburg ist zusammen mit Sachsen und Thüringen am stärksten betroffen. Bis die Impfungen Wirkung zeigen, dauert es noch Monate. Wir haben Grund zur Freude und zur Hoffnung, aber wir dürfen jetzt nicht leichtsinnig werden.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 179 (2/2021).
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