Ribbecker Schlossfestspiele 2020 mit Shakespeare-Intermezzo: 50 Gramm Shakespeare pro Minute!
Eigentlich sollten die Ribbecker Schlossfestspiele (www.schlossfestspiele-ribbeck.de) in diesem Sommer den “Robin Hood” auf die Outdoor-Bühne holen. Doch Corina-bedingt hat sich der Bogenschütze aus dem Sherwood Forest ins nächste Jahr verdünnisiert. Statt seiner wurde das Stück “Shakespeares sämtliche Werke … leicht gekürzt” aufgeführt. Das kommt nämlich mit nur drei Mann auf der Bühne aus.
Da die Zuschauerstühle im Freien nur im meterweiten Abstand gestellt waren, um dem Virus keine Angriffsfläche zu bieten, rechnet sich eine so minimalbesetzte Aufführung vielleicht noch am ehesten.
Regisseur Claus Stahnke gab seinem Team Jonas Broxtermann, Lucas Weißbach und Miaximilian Wrede jedenfalls eine Bühne, um sich auszutoben. Und den etwa einhundert Zuschauern bei der Premiere am 10. Juli das Gefühl, eine ziemlich durchgeknallte Überdosis Kultur verabreicht zu bekommen. Denn die Prämisse des Stücks war es, sämtliche Werke Shakespeares in drastisch komprimierter Weise komplett auf die Bühne zu bringen.
“Etwas ist faul im Staate Dänemark.” – “Sein oder Nichtsein – das ist hier die Frage.” – „Es gibt mehr Ding’ im Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt-“ – „Gut gebrüllt, Löwe!“
Natürlich war es da nicht schlecht, die soeben aufgeführten Shakespeare-Zitate bereits vorab verinnerlicht zu haben. Denn beim Ritt durch Shakespeares Werke muss man schon ein wenig Dichter-fest sein. Lucas Weißbach: “Wenn Shakespeares Gesamtwerk fünf Kilo wiegt und wir nur 100 Minuten Zeit haben, dann sind das 50 Gramm Shakespeare pro Minute. An so etwas hat sich bislang noch keine Shakespeare-Truppe herangewagt.”
“Romeo und Julia” wurde da noch mit vielen echten Versen und theatralischen Toden fast im klassischen Sinn zelebriert. Schon bald aber lösten sich die drei enthemmt aufspielenden Schauspieler vom Standard und gingen ihren Shakespare von der rein experimentellen Seite an. “Othello” wurde zu einem musikalischen Rap verarbeitet und aus dem sehr blutrünstigen “Titus Andronicus” wurde eine überaus brutale Kochshow. Die 16 Shakespeare-Komödien verdichtete man kurzerhand zu einer Zusammenfassung, weil “doch eh immer dasselbe passiert”. Den Krieg der verschiedenen Könige, die sich durch Shakespares Stücke morden und monologisieren, fasste man zu einem Fußballspiel zusammen, bei dem der Gegner schon einmal kurz vor dem Tor im gegnerischen Strafraum vergiftet oder mit der Klinge im Rücken böse gefoult wurde. Den “Hamlet” zeigten die drei respektlosen Shakespeare-Interpreten dafür zum Ende hin gleich in mehreren Versionen.
Nach dem letzten Applaus mussten die Zuschauer erst einmal wieder ihren Puls herunterbringen, so temporeich wurde Shakespeare inszeniert. Das war: Fulminant. Komisch. Super gespielt. Da freut man sich jetzt umso mehr auf “Robin Hood” im kommenden Jahr. (Text/Fotos: CS)
Hinweis: In Ribbeck wird das Stück noch am 11.+12.+17.+18.+19. Juli immer um 15 und um 18 Uhr aufgeführt. Karten nur vorab über www.reservix.de.
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 173 (8/2020).
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