Das Traumschüff – Theater im Fluss legt in Brieselang an: „Hinter den Fenstern“
Die Sportgemeinschaft der Wasserfreunde Brieselang hatte Platz gemacht an ihrem idyllischen Bootshafen am Kanal. Für ein verlängertes Wochenende legte hier das „Traumschüff“ (www.traumschueff.de) an. Der Katamaran ist seit 2017 als schwimmendes Wandertheater unterwegs und steuert in diesem Jahr vom 18. Mai bis zum 21. September 23 Spielorte u.a. im Havelland, in Potsdam-Mittelmark und in Berlin an.
Die gemeinnützige Theatergenossenschaft nutzt in dieser Zeit das „Schüff“ mit dem Namen „Genossin Rosi“ als Transportmittel, als Unterkunft und eben auch als Bühne.
In Brieselang legte das „Theater im Fluss“ bereits zum dritten Mal in Folge an. Dabei wäre der Auftritt in diesem Jahr fast gescheitert. Nikola Schmidt (29), die als Autorin des Theaterstücks mit dabei ist: „Die Schleuse in Zaaren ist zurzeit gesperrt. Dies hat unsere Theatertour bedroht. Zum Glück ist es uns gelungen, einen Schwerlasttransport über die Straßen zu organisieren, um die Schleuse zu umgehen.“
Am 26. und 27. Juli spielte die Theatergenossenschaft das Stück „Hinter den Fenstern“. Am Sonnabend waren etwa einhundert Zuschauer vor Ort, um es sich an einem lauen Sommerabend bei kalten Getränken auf bereitgestellten Bänken und Kissen mitten am Kanal gemütlich zu machen. Mit dabei waren auch Bürgermeister Wilhelm Garn, sein Amtskollege Jürgen Hemberger aus Dallgow-Döberitz sowie Bürgermeisterkandidat Michael Koch.
Die Theatergruppe hat den Anspruch, die Themen der Region in den eigenen Theaterstücken unterzubringen. Das ist auch in „Hinter den Fenstern“ gelungen. Das Stück spielt im fiktiven Leinewitz im ländlichen Raum. Die Dorfärztin Helga möchte in den Ruhestand gehen und würde ihre gut laufende Landpraxis gern ihrem Sohn Raul vermachen, der ebenfalls Medizin studiert hat: „Mehr Anerkennung und Wertschätzung kriegst du nirgendwo.“
Doch der hat andere Ideen. Er bastelt an der App „Call a Doc“, die Patienten auf dem Land per Videoschaltung mit Ärzten in der Stadt verbinden möchte: „Das ist die Arztpraxis von morgen. Sie kommt virtuell zu einem nach Hause. Ohne Wartezeiten, ohne Auto.“ Wenn nur die Funklöcher nicht wären. Fast-Rentnerin Helga: „Was die Leute brauchen, ist ein Arzt und keine App.“
Im Stück kommen auch noch weitere Themen wie die Überalterung der Dörfer nach dem Wegzug der jungen Generation, Demenz im Alter und die Krankenpflege durch ausländische Kräfte zur Sprache. Das Schiff als Bühne ist natürlich ein gewaltiges Plus, was den Abend im Freien zu etwas Besonderem macht. Wenn man denn Kritik äußern möchte: Noch mehr Humor, wie er in den letzten Minuten des Stücks zum Einsatz kommt, würde „Hinter den Fenstern“ während der ganzen Laufzeit von etwa 80 Minuten mit all seinen Botschaften noch bekömmlicher machen. Und die riesigen Puppen, die die Schauspieler vor sich hertragen, könnte man gern weglassen.
Bürgermeister Wilhelm Garn: „Was die Schauspieler hier auf die Beine stellen, ist wunderbar und faszinierend. Die angesprochenen Themen – der Ärztemangel und die digitale Anbindung – betreffen zwar mehr den ländlichen Bereich hinter Brieselang als Brieselang selbst. Aber hier muss natürlich trotzdem dringend etwas passieren. Wobei zurzeit niemand eine echte Lösung für diese Probleme vorweisen kann.“
Der Eintritt für das Stück war kostenfrei, die Theatergenossenschaft bat nur im Anschluss um Spenden.
Eine kleine Show in der Show: Die Malerin Ute Spingler aus Birkenwerder (www.tangoart.com) war mit vor Ort, schaute sich das Stück an und malte den Abend über das Traumschüff samt Schauspieler. Dabei konnte man ihr über die Schulter schauen – sehr faszinierend.
(Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 162 (9/2019).
Seitenabrufe seit 1.12.2021:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige