Schlossfestspiele Ribbeck ehren Theodor Fontane: Effi Briest zum Zweiten!
Es ist noch gar nicht so lange her, da kam Claus Stahnke auf die Idee, die ehrwürdige Kulisse vom Schloss Ribbeck als Hintergrund für eine Open-Air-Theateraufführung zu verwenden. 2014 wurden die allerersten „Schlossfestspiele Ribbeck“ (www.schlossfestspiele-ribbeck.de) aufgeführt. Passend zur Fontane-Beziehung, die der Ort Ribbeck dank des berühmten Birnen-Gedichts ja aufweist, wurde vor dem Schloss „Effi Briest“ gespielt.
„Effi Briest“ gilt als wichtiger Gesellschaftsroman und zugleich auch als das bekannteste Werk von Theodor Fontane, das dieser in diesem Genre veröffentlicht hat. Er schreibt dabei einen ähnlichen Vorfall aus dem Jahre 1886 zu einem Roman um und machte aus der betroffenen Elisabeth von Plotho die Kunstfigur Effi Briest.
Vordergründig ist „Effi Briest“ die Geschichte einer Ehebrecherin. Effi Briest ist 17 Jahre alt, ein Mädchen voller Flausen im Kopf („Was ich nicht aushalten kann, ist Langeweile.“). Sie stammt aus gutem Haus und strebt nach Höherem. Die Gelegenheit ergibt sich, als der 20 Jahre ältere Baron von Innstetten um ihre Hand anhält. Der ist Landrat – und im Berliner Ministerium sogar noch zu Höherem berufen.
Doch weiß die junge, impulsive und auch sehr naive Effi, was Liebe ist? – „Warum soll ich ihn denn nicht lieben, wo er mir doch schon Schmuck schenken möchte. Auch wenn er nicht weiß, dass ich mir daraus gar nichts mache. Ich schaukele doch lieber.“ Doch die Hochzeit kommt, auch wenn Vater Briest schon prophezeit: „Nichts bekommt einem so gut wie eine Hochzeit. Ausgenommen die eigene.“
Effi Briest langweilt sich in ihrer Ehre, fürchtet sich gar vor ihrem Ehemann, der sie immer wieder lange Zeit über alleine lässt. Der junge Major Crampas erscheint ihr da als verbotene Versuchung, der sie eher halbherzig nachgeht. Als die Affäre auffliegt, verliert Effi Briest als Ehebrecherin alles – auch die Unterstützung ihrer Eltern, die sich fürchten, ansonsten aus der Gesellschaft ausgestoßen zu werden.
Nachdem Claus Stahnke als Intendant der Schlossfestspiele 2016 „Amadeus“, 2017 „Romeo und Julia“ und 2018 „Die drei Musketiere“ vor dem Schloss Ribbeck auf die Bühne geholt hat, bot es sich in diesem Jahr an, zum 200. Geburtstag von Theodor Fontane das „Effi Briest“ Stück noch einmal aufzuführen. Erneute Premiere war am 12. Juli, anschließend folgten fünf weitere Termine vor Ort. Weitere Aufführungen sind für den August geplant, darunter vor dem Jagdschloß Grunewald – in Berlin, wo Fontane lange Zeit gelebt hat und auch gestorben ist.
Das Open-Air-Stück wirkt in Ribbeck einfach perfekt, weil die Fassade vom Schloss so gut zum Stück passt. Hier kann Effi vom Balkon herunterrufen. Eine echte Kutsche fährt klappernd vor, um den Baron von Instetten zu Effi zu bringen. Im Schlossgarten sind eine Schaukel und ein Strandkorb zu sehen. So kommen die Schauspieler den Zuschauern stets ganz besonders nah – und geben ihnen so das Gefühl, ein Teil der Aufführung zu sein.
Wie bereits 2014, so spielt auch in diesem Jahr André Vetters den Baron von Instetten – als zielstrebigen, moralisch gefestigten, aber nicht besonders unterhaltsamen Politiker und Staatsmann, der keinen Sinn für das Sprunghafte in Effis Seele hat. Die Effi Briest wird in diesem Jahr neu von Klara Franz dargestellt. Sie schafft es vortreffich, das unschuldige, impulsive, neunmalkluge, freche, lebenslustige und auch so unerfahrene Mädchen zu spielen, dass sich noch längst nicht gefunden hat und nun auf einmal eine Baronin, Landrätin und später Ministergattin sein soll: „Ich tauge doch gar nicht zur großen Dame. Ich bin ein Kind – und werde es auch bleiben.“
„Effi Briest“ mag für manche Havelländer, die der Aufführung fernbleiben, altbacken, antiquiert und „aus der Zeit gefallen“ sein. Seine unaufgeregte und niemals wertende Beschäftigung damit, wie man sich aber verhalten muss, um zur „Gesellschaft“ zu gehören, ist aktuell wie nie zuvor.
Für alle Freunde der deutschen Sprache sind es aber die pointierten und immer wieder sehr schlauen Dialoge, die das Stück so besonders machen und die die Lust dazu wecken, nach all den vielen Jahrzehnten auch das Buch „Effi Briest“ einmal wieder in die Hände zu nehmen. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 161 (8/2019).
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