Die erste Critical Mass in Falkensee

Lennart Meyer (19) aus Falkensee bringt es auf den Punkt: „Fahrradfahren, das macht in Falkensee keinen Spaß. Es gibt viel zu wenig Fahrradwege und die vorhandenen sind schlecht in Schuss. Es gibt viel zu viel innerstädtischen Verkehr. Ich habe das Gefühl, dass wir Fahrradfahrer in der lokalen Stadtplanung gar keine Rolle spielen.“
Aus diesem Grund hat das Netzwerk „Fahrradfreundliches Falkensee“ ein ursprünglich 1992 in San Francisco erfundenes Protestinstrument für die Gartenstadt adaptiert. Die „Critical Mass“ ist weltweit bereits ein gern genutztes Mittel, um auf Versäumnisse im Ausbau der Fahrradwege hinzuweisen. Bei einer „Critical Mass“ gibt es keinen verantwortlichen Organisator. Stattdessen treffen sich die Fahrradfahrer ganz spontan. Laut §27 der Straßenverkehrsordnung (StVO) bilden mehr als 15 Radfahrer automatisch einen Verband, der die gleichen Rechte hat wie ein Sattelschlepper. So dürfen die Radfahrer die gesamte Fahrspur belegen und auch dann gemeinsam über die Ampel fahren, wenn diese mittendrin auf Rot umspringt.
Zur ersten „Critical Mass“ am 13. April kamen gegen 17 Uhr über hundert Falkenseer mit dem Rad, darunter sehr viele Jugendliche, aber auch Familien mit Kindern und Senioren. Johannes Walther (64) vom ADFC-Falkensee hatte im Vorfeld die Aktion dann doch auf die rechtlich sichere Seite gebracht und die Veranstaltung bei der Polizei angemeldet. Die zeigte sich spontan und flexibel – und fasste die spätere Protesttour mit zwei Blaulichtfahrzeugen ein.
Johannes Walther fand vor der Tour klare Worte: „Wir fordern eine vernünftigere Fahrradpolitik. Wir wollen neue Fahrradwege so schnell wie möglich. Und wenn dies Geld kostet, dann ist dies eben so.“
In der Tat: Wer sich bislang in Falkensee einmal nach Radwegen umsieht, wird sie kaum entdecken. Stattdessen werden die Radfahrer zwischen dem Verkehr und den parkenden Autos entlanggelotst, müssen über Kopfsteinpflaster fahren oder auf den Bürgersteig ausweichen. Die Ausnahme: Der Fuß- und Radweg der Sympathie verbindet viele Punkte der Stadt fernab von Verkehr und Straßenlärm und führt mitten über Wiesen und Felder.
Die „Critical Mass“ hielt sich da eher an die vielbefahrenen Straßen. Der Protesttrupp auf zwei Rädern radelte vom Treffpunkt vor der alten Stadthalle über das Bürgeramt und das Rathaus bis nach Finkenkrug, um dann über den Rosentunnel wieder zum Ausgangsort zurückzufinden.
Joost Kuhne (19) aus Falkensee: „Wir sind ein Teil des Verkehrs. Uns geht es in der Critical Mass darum, dass wir auch so wahrgenommen werden. Wir wollen kein Hindernis sein.“ Um den Druck auf die Stadtpolitik aufrecht zu erhalten, soll die „Critical Mass“ möglichst einmal im Monat stattfinden – mit einer stetig steigenden Anzahl an Teilnehmern. (Fotos / Text: CS)
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