Uwes Kolumne: Post aus Japan
Ich grübelte gerade an der Tastatur über meiner neuen Kolumne, da poppte plötzlich ein Mailfenster auf: „Hello I´m Ryuichi“ stand in der Betreffzeile. Solche Mails verheißen meistens nichts Gutes. Oft enthalten sie Spam, Fishing-Angebote oder ähnlichen Müll, getarnt als einmaliges Kreditangebot oder als Riesenerbschaft, manchmal auch als letzte Mahnung direkt von einem Anwalt – mit einer Zip-Datei im Anhang.
Das Öffnen dieser Mails führt zwangsläufig in eine Katastrophe. Wäre der Computer dann ein Pferd, müsste man ihn auf der Stelle erschießen. Warum haben mein Virenscanner und auch der Spamfilter diesmal versagt und die Mail nicht gleich entsorgt? Nun, es gibt eine Erklärung, warum ich mich über diese Mail sogar gefreut habe. Dazu muss ich aber etwas ausholen. Am Anfang erschuf Gott – nein, so weit nun auch wieder nicht.
Angefangen hat alles mit einem gemeinsamen Konzertbesuch mit meiner Tochter Bianka. Ich war sehr angetan von der japanischen Band Yoshiki und ihrer Musik. Als Musikfreak musste ich mir natürlich umgehend die CDs von Yoshiki und seiner Band X-Japan besorgen. Die gibt es aber nicht im Plattenladen um die Ecke. Also blieb mir nur eBay. 3, 2, 1, Meins. Schon wenig später hatte ich eine Nachricht vom japanischen Verkäufer, der sich von der anderen Seite der Welt aus für die schnelle Zahlung bedankte und versprach, die CDs gleich abzuschicken. Dank des deutschen Zolls dauerte es aber noch vier Wochen, bis ich die original verpackten CDs in meinen Händen halten durfte.
Wie es bei mir üblich ist, riss ich die Verpackung auf, schmiss den Müll in irgendeine Ecke, ignorierte das Geschimpfe der Ehefrau und war schon auf dem Weg in meinen persönlichen Musiktempel im Keller, als mich Bianka zurückpfiff: „Guck mal hier, Papa“. Und übereichte mir dann einen Umschlag. Im Paket lag nämlich ein Brief – und was für einer. Handgeschrieben in Englisch und teilweise mit japanischen Schriftzeichen. Eine wunderbare, künstlerische Handschrift auf edlem Büttenpapier.
Der Absender war Ryuichi Takematsu, der Verkäufer meiner CDs. Er lebt in Fukuoka. Das liegt an der südlichen Westküste – gegenüber von Südkorea und zwischen den Städten Hiroshima und Nagasaki. Er ist verheiratet, hat zwei große Kinder und die gesamte Familie arbeitet als Krankenpfleger. Er mag deutsche Rockmusik und kennt auch die Neue Deutsche Welle.
Seit dem eBay-Kauf verbindet Ryuichi und mich seit zwei Jahren eine tiefe Brieffreundschaft. Inzwischen habe ich eine ganze Menge über Japan gelernt und könnte vermutlich eine halbe Doktorarbeit darüber abliefern. Viel wichtiger ist aber, dass mein Freund Ryuichi inzwischen sehr viel über Falkensee und das Havelland weiß. Ich habe mich quasi als Botschafter betätigt.
Auch reichlich Fotos hat er inzwischen bekommen. Vor allem die Fotos von den lokalen Events wie etwa dem Pokerturnier, dem Feuerwehrfest, der Open Stage und der Fête de la Musique haben ihm gefallen. Richtig begeistert ist er aber von unserer Natur und unserer Tierwelt. Ich denke, dank der ausführlichen Beschreibungen würde er sich auch bei uns sehr wohl fühlen. Er hat mir auch verraten, dass er sehr gern deutsches Bier trinkt. Na, das würden wir doch hinkriegen. Einmal mit Ryuichi im schrääg oder in der Elsterklause ein Bier zischen und Live Musik hören.
Da fällt mir ein, ist es nicht üblich, das Städte Partnerschaften zu schließen? Da muss ich mal mit unserem Bürgermeister reden. Fukuoka und Falkensee, das wär doch was. Für die erste Besuchsdelegation melde ich mich sogar freiwillig. (Uwe Abel, Foto o. Maike Abel)
Seitenabrufe seit 1.12.2021:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige