Haus am Anger: Kinder-Kunst
Weihnachtszeit ist Bastelzeit. Überall in den Schulen und auch Zuhause zücken die Kinder nun Schere, Kleber, Tonpapier und Malstifte, um sich kreativ auszutoben. Doch nicht nur daheim, sondern auch in der Schule stoßen Kinder und auch die Lehrer schnell an ihre Grenzen. Es stehen eben nicht alle Materialien und Möglichkeit zur Verfügung, die benötigt werden, um so richtig loszulegen und alle Ideen ungehemmt umzusetzen.
Wie gut, dass es da das Haus am Anger gibt. Viele Schulen nutzen die Chance, hier mit einer Klasse einzufallen, um unter kundiger Betreuung Kunst abseits des Üblichen zu erschaffen. Wir haben im November einmal die Klasse 3c der Lessing-Grundschule begleitet, um den Kindern beim Basteln über die Schultern zu schauen.
Sobald die Kinder die schwere Holztür am Eingang passiert haben, sind sie in einer anderen Welt angekommen. Die Wände sind überall bemalt, zahlreiche Skulpturen hängen von der Decke, riesige Pappmaschee-Figuren stehen in der Ecke und recken ihre Arme in die Luft, an den Wänden hängen gemalte Bilder oder geklebte Kollagen.
Das große Aquarium, das im ersten Stock im Gang steht, wirkt zwar beruhigend, aber trotzdem fast fehl am Platz: Fast erwartet man, gebastelte Fische im Wasser schwimmen zu sehen.
Die Kinder werden in einen großen Raum geführt, in dem viele Basteltische und Stühle stehen. In einem großen Wandregal stecken zahllose beschriftete Schubladen. Hier sind Schaumstoffe, Lederreste, Nähgarn, Federn, Perlen, Moosgummi-Platten, Knöpfe und Drahtreste untergebracht. In Kisten vor dem Fenster sind auch noch Holzreste, Äste, Korken und andere Naturstoffe zu finden: Ein Paradies für alle Schulkinder und ein nie versiegender Quell für die ungewöhnlichsten Bastelideen. Unter Anleitung von Frau Annegret Wellmann beginnen die Kinder erst damit, ein Herbstbild zu malen, dann kleben sie auf einem Holzbrett eine Landschaft aus Ästen, getrockneten Blättern und Korken zusammen, um am Ende auch noch eine Maske auszuschneiden, die sie sich vor das Gesicht halten können. Klarer Fall: Im Haus am Anger durften sich die Knirpse einmal so richtig kreativ austoben. Da wundert es nicht, dass sie am Ende ganz k.o. sind. Als die Kinder wieder den Rückweg in ihre Schule antreten, nutzen wir von Falkensee aktuell noch einmal die Gelegenheit, mit dem Chef zu sprechen.
Dass es in Falkensee das Creative Zentrum Haus am Anger gibt, ist ein echter Glücksfall. Die Stadt Falkensee hat die finanzielle Trägerschaft der sozio-kulturellen Freizeiteinrichtung übernommen, die von Ingo Wellmann (54) geleitet wird. Der Bildhauer ist 1985 nach Falkensee gezogen und hat nach der Wende erst viel Zeit und Energie in das Heimatmuseum gesteckt, um dann zusammen mit Künstlerkollegen zu überlegen, was sich wohl aus dem ehemaligen Pionierhaus machen ließe, das nun am Angerplatz ungenutzt blieb. Die Idee war schnell geboren: Künstler arbeiten mit Kindern zusammen. Wellmann: “Wir haben hier in Falkensee die einzigartige Situation, dass sehr viele Familien mit Kindern in den Ort gezogen sind und zugleich eine Großstadt in unmittelbarer Nähe liegt. So kommt es, dass unsere Angebote ganz besonders intensiv genutzt werden und wir uns über mangelnde Beteiligung an unseren Projekten keine Gedanken machen müssen.”
Das Creative Zentrum Haus am Anger ist vormittags für Schulklassen und andere Gruppen geöffnet. Nachmittags werden Kurse für Kinder, Jugendliche und sogar Erwachsene durchgeführt. Unter der Anleitung echter Experten – etwa Bildhauer, Sänger, Modegestalter oder Chemiker – beschäftigen sich die Kurse mit den unterschiedlichsten Projekten.
Die Kunst steht dabei ganz weit oben auf der Liste. Aus Ton, Gips, Holz, Stein, Draht oder Papier entstehen die verrücktesten Kunstwerke, die nicht nur im Haus am Anger zu sehen sind, sondern inzwischen die ganze Stadt verschönern. So können Projektarbeiten etwa an der Geschwister Scholl- und der Lessing-Grundschule bewundert werden. Die Kinder aus dem Creativ Zentrum haben aber auch – was viele vielleicht noch gar nicht wissen – die beiden Straßentunnel in Falkensee mit bunten Bildern bemalt, um so einer Verunstaltung durch die Grafitti-Sprayer vorzubeugen. Verschiedene Kurse bringen den Kindern auch die Acryl-, Tempera- und Ölmalerei bei, nehmen sich Aquarelle oder Kohlezeichnungen zum Thema oder setzen mit Siebdruck und Seidenmalerei Projekte um, die im heimischen Bereich eben nicht mehr so leicht zu realisieren sind. Wellmann: “Bei uns können die Kinder mit Ton arbeiten und ihre Töpfe oder Skulpturen auch gleich brennen lassen. So etwas ist in der Schule mangels Brennofen natürlich undenkbar.”
In den Kursen können die Kinder für fünf Euro im Monat auch Theater spielen und an einer eigenen Aufführung arbeiten. Wer für so künstlerische Prozesse nicht zu haben ist, macht vielleicht bei den Natur- und Umweltprojekten mit. Die hauseigene Pflanzenkläranlage ist aus solchen Projekten hervorgegangen. Und bei einer Artenerhebung am Angerteich wurde sogar eine Käferart wiederentdeckt, die eigentlich im Land Brandenburg schon als ausgestorben gilt. Beim geplanten und professionell betreuten Arbeiten entstehen auch immer wieder Lösungsansätze, die von den Kindern dann zu zahlreichen “Jugend-forscht” -Beiträgen verarbeitet wurden.
Wellmann: “Uns Künstlern und Wissenschaftlern macht die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen sehr viel Spaß. Sie ist auch sozial relevant. Bei uns arbeiten Kinder aus allen sozialen Schichten zusammen, der Gymnasiast direkt neben dem vielleicht körperlich oder geistig beeinträchtigten Förderschüler. Dabei lernen viele Stärken an sich kennen, von denen sie vorher nichts wussten und die ihr Selbstbewusstsein stärken. Ein besseres Miteinander ist die Folge.”
Vier Angestellte kümmern sich Montag bis Donnerstags von 8 bis 20/21 Uhr um die Kursteilnehmer, Freitag ist um 17 Uhr Schluss. Einmal im Monat findet auch an einem Sonntagvormittag der Crea-Tag für Familien statt. Alle Kurse werden im Internet vorgestellt, sodass es kein Problem ist, sich hier zu informieren.
Kontakt: Creatives Zentrum Haus am Anger, Falkenhagener Straße 16, 14612 Falkensee, Tel.: 03322-3735, www.crea-verein.de
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